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Künstler 2016: Weltklang – Nacht der Poesie
Hinemoana Baker
Hinemoana Baker (c) Leonardo Carta
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Hinemoana Baker (geb. 1968, Christchurch, Neuseeland), Tochter eines Maori und einer Pakeha, ist Singer-Songwriterin und Lyrikerin zwischen Spoken Word und
klassischer Form. In ihren Gedichtbänden „kōiwi kōiwi | bone bone“ und „waha | mouth“ mischt sie kunstvoll und unverhohlen autobiografischen Stoff mit Textfragmenten aus Wörterbüchern und medizinischen Broschüren. Baker schreibt über innerfamiliäre Sprachspiele mit abwesenden Vätern, über die schwarz-weißen Kreise um das Auge eines Brachvogels, die Ringe in den Schädelknochen von Aalen und die abgründige Weisheit von Glückskeksen.
Als Musikerin hat Hinemoana Baker Soloalben und gemeinsam mit Christine White unter dem Namen „Taniwha“ das Album „Snap Happy“ herausgebracht. Derzeit lebt sie als Creative New Zealand’s Berlin Writer in Residence in Deutschland.
Veröffentlichungen (Auswahl):
waha | mouth. Victoria University Press 2014
kōiwi kōiwi | bone bone. Victoria University Press 2010
mātuhi | needle. Victoria University Press/Perceval Press 2004
Caroline Bergvall
Caroline Bergvall (c) Tom Martin
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Caroline Bergvall (geb. 1962, Hamburg) ist eine der angesehensten konzeptuell
schreibenden Dichterinnen der Gegenwart. In ihren multilingualen Arbeiten, die
häufig in Kollaboration mit anderen Künstlern entstehen, verwischen sich die Grenzen zwischen Lyrik, Installation, Performance und Übersetzung. Der Dichter Charles Bernstein beschreibt ihr Werk als Genuss für Auge, Ohr und Verstand. Bergvall untersucht in Büchern wie „Drift“ oder „Meddle English“ die Verwerfungen zwischen unterschiedlichen Sprachen und die Brüche in den Entwicklungsstufen innerhalb einer einzigen Sprache. Sie experimentiert in ihren Texten mit Cut-up- und Fold-in-Techniken und rekurriert auf so unterschiedliche Künstler wie Chaucer, Marcel Proust, Unica Zürn und Dante Alighieri.
Bergvall war Director of Performance Writing am Darlington College of Arts, außerdem hat sie an der Universität von Cardiff und am Bard College unterrichtet. Ihre Werke wurden unter anderem im Museum of Modern Art, in den Serpentine Galleries und in der Tate Modern gezeigt. Die französisch-norwegische Dichterin lebt seit 1989 in England.
Veröffentlichungen (Auswahl):
Drift. Nightboat Books 2014
Meddle English. Nightboat Books 2011
Middling English. John Hansard Gallery 2010
Fig: Goan Atom 2. Salt 2005
Ana Blandiana
Ana Blandiana
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Der erste Gedichtband von Ana Blandiana (geb. 1942, Timișoara, Rumänien) erschien 1964. Bis zur rumänischen Revolution 1989 war sie als Bürgerrechtlerin aktiv, sprach in Werken und Interviews deutlich die Missstände unter Ceauşescus Regierung an und erhielt dafür Publikationsverbot. Heute leitet sie die Gedenkstätte Sighet, ein Institut zur Aufarbeitung der Vergangenheit Rumäniens im Kommunismus, und ist Vorsitzende des rumänischen PEN-Clubs. Ihre Gedichte jedoch sind weit davon entfernt, sich auf Agitation reduzieren zu lassen. Sie vereinen Politisches mit Persönlichem, Gedankenlyrik mit klaren, starken Bildern. Ana Blandiana hat über 20 Gedichtbände veröffentlicht, außerdem Erzählungen, einen Roman und zahlreiche Essays. In ihrer unprätentiösen Dichtung lotet sie immer wieder neu die Widersprüche unserer Gegenwart aus.
Veröffentlichungen (Auswahl, auf Deutsch):
Uhren auf Schienen. Gedichte. Landpresse 2010
Die Versteigerung der Ideen. Gedichte. Johannis Reeg Verlag 2009
Sternenherbst. Gedichte. Dionysos Verlag 2002
Die Applausmaschine. Roman. Steidl Verlag 1993
Kopie eines Alptraums. Erzählungen. Volk und Welt Spektrum 1988
Auszeichnungen:
Nationaler Lyrikpreis (Premiul Național de Poezie) 1997
Opera-Omnia-Preis für ihr Lebenswerk 1994
Herder-Preis, Wien 1982
Prosapreis der Bukarester Schriftstellervereinigung (Premiul pentru proză al Asociației Scriitorilor din București) 1980
Lyrikpreis der Rumänischen Akademie (Premiul pentru poezie al Academiei Române) 1970
Lyrikpreis des Rumänischen Schriftstellerverbands (Premiul pentru poezie al Uniunii Scriitorilor din România) 1969
Souleymane Diamanka
Souleymane Diamanka (c) Philippe Prevost
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Souleymane Diamanka (geb. 1974, Dakar, Senegal) wuchs in Bordeaux auf. Seine Spoken-Word- und Rap-Texte verschmelzen den Bilderreichtum der Griots, Sänger Westafrikas, mit der Ästhetik der französischen Moderne seit Baudelaire und Rimbaud. Diamanka aktualisiert so die orale Tradition seiner Vorfahren, der Fulbe, eines Hirtenvolkes aus der Sahelzone. Zweisprachig aufgewachsen, experimentiert er mit beiden Sprachen, Französisch und Ful, und im Spannungsfeld zwischen den Kulturen. Er spricht, rappt und singt von verliebten Musen, dem Gram der Engel und den Stimmen in seinem Kopf. Souleymane Diamanka ist Showman und reflektierter Sprachkünstler zugleich. Er dichtet ein Selbstbild, so treffend wie bescheiden: „Ich bin nur ein armer Künstler im Dienste der Schönheit“, heißt es in einem seiner Texte. „Ich benutze zum Schreiben die Wirklichkeit wie ein Trampolin.“
Veröffentlichungen (Auswahl):
Écrire à voix haute. Rencontre entre un poète et un linguiste (zus. mit Julien Barret). L’Harmattan 2012
L’Hiver Peul. CD. Universal France 2007
Luis Felipe Fabre
Luis Felipe Fabre
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Luis Felipe Fabre (geb. 1974, Mexiko-Stadt), ein Star der jungen südamerikanischen Lyrikszene, ist ein Pyrotechniker von Sprache und Form, dessen poetische Mittel sowohl den klassischen achtsilbigen Tetrameter als auch die Onomatopoetika aus Comic und Cartoon umfassen. Seine Gedichte sind Trailer zu Filmen, die nie gedreht wurden, poetische Re-Imaginationen nationaler Mythen unter Zuhilfenahme der Ästhetik von Schundheften und Splatterfilmen. Fabre betreibt in seinem Werk politische Tierkunde, durch seine Verse krabbeln Samt-Taranteln, und Füchse mit Fledermausflügeln zeigen ihre Priisten-Klauen. In seinen lyrischen Kurzessays dekonstruiert er mit hintergründigem, subversivem Witz Sekundärliteratur. Luis Felipe Fabre ist Autor zahlreicher Gedichtbände und der Herausgeber von zwei Anthologien mexikanischer Gegenwartslyrik, außerdem hat er das Festival Poesía en Voz Alta kuratiert.
Veröffentlichungen (Auswahl):
Sor Juana and Other Monsters. Ugly Duckling Presse 2015
La sodomía en la Nueva España. Editorial Pre-Textos 2010
Cabaret Provenza. Fondo de Cultura Enconómica 2007
Gerhard Falkner
Gerhard Falkner (c) gezett
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Gerhard Falkner (geb. 1951, Schwabach) kann seit Anfang der 80er Jahre als einer der anregendsten Dichter Deutschlands gelten, der immer wieder poetische Haken schlägt. Nachdem er sein Debüt in „so beginnen am körper die tage“ mit Gedichten gab, die zum Teil den Ästhetizismus Stefan Georges aktualisieren, lotet Falkner mit jedem weiteren Buch und multimedialen Projekt die Bandbreite zeitgenössischer Lyrik neu aus. Neben Prosa, Theaterstücken und scharfsinnigen, streitbaren Essays stehen breit angelegte Gedicht-Projekte wie etwa ein mit Schauspielern der Schaubühne am Lehniner Platz verfilmter Zyklus zum Fries des Pergamonaltars. Falkner schreibt zudem eindrückliche, explosive Lyrik über Tische, Schmerztabletten und die Götter bei Aldi.
Veröffentlichungen (Auswahl):
Ignatien. Elegien am Rande des Nervenzusammenbruchs. starfruit publications 2014
Pergamon Poems. Gedichte + Clips. kookbooks 2012
Hölderlin Reparatur. Gedichte. Berlin Verlag 2008
Gegensprechstadt – ground zero. Gedicht, mit Musik von David Moss. kookbooks 2005
Endogene Gedichte. Grundbuch. DuMont Verlag 2000
Über den Unwert des Gedichts. Fragmente und Reflexionen. Aufbau Verlag 1993
Wemut. Gedichte. Luchterhand Verlag 1989
der atem unter der erde. Gedichte. Luchterhand Verlag 1984
so beginnen am körper die tage. Gedichte. Luchterhand Verlag 1981
Auszeichnungen (Auswahl):
Wolfram-von-Eschenbach-Preis 2014
Preis der Stadt Nürnberg 2010
August-Graf-von-Platen-Preis 2009
Peter-Huchel-Preis 2009
Kranichsteiner Literaturpreis 2008
Dr. Manfred Jahrmarkt-Ehrengabe der Deutschen Schillerstiftung 2004
Bayerischer Kunstförderpreis in der Sparte Literatur 1987
Pergamon Poems III: Artemis | Tilman Strauß, Gerhard Falkner, Pergamonaltar:
https://www.youtube.com/watch?v=u_yC1iZqaBU
Rasha Omran
Rasha Omran
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Rasha Omran (geb. 1964, Tartus, Syrien) wurde aufgrund ihres Engagements gegen das Assad-Regime des Landes verwiesen und lebt zurzeit in Kairo. Die Tochter des syrischen Dichters Mohammad Omran gilt als eine der wichtigsten Lyrikerinnen ihres Landes. Ende der 90er Jahre gründete sie in ihrer Heimatstadt das Literatur- und Kulturfestival Al-Sindiyan, das sie 16 Jahre lang leitete. 2009 gab sie eine Anthologie mit syrischer Gegenwartslyrik heraus. Fünf Gedichtbände sind bislang von Rasha Omran erschienen, außerdem ein Auswahlband in schwedischer Übersetzung. In ihren Texten berichtet sie von Geschichte, die über Archive vergangener Verbrechen leckt, von Körperteilen, in Flüssen versenkt wie Fischfutter, und von Dichtern, die trotz aller Bitterkeit immer wieder kichern müssen. Außerdem schreibt sie wöchentliche Kolumnen für arabischsprachige Zeitungen und Medien.
Veröffentlichungen (Auswahl):
بانوراما الموت والوحشة (Panorama aus Tod und Einsamkeit). Gedichte. Dar Non 2014
معطف أحمر فارغ (Ein leerer roter Mantel). Gedichte. Kulturministerium Syrien 2009
ظلك الممتد في أقصى حنيني (Dein Schatten, geworfen in meine äußerste Sehnsucht). Gedichte. Al Tanweer 2003
كأن منفاي جسدي (Als wäre mein Exil mein Körper). Gedichte. Dar Arwad 1999
وجع له شكل الحياة (Schmerz in der Form des Lebens). Gedichte. Dar Arwad 1997
Charles Simic
Charles Simic (c) Richard Drew
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Charles Simic (geb. 1938, Belgrad) kam 1953 mit seiner Familie aus Jugoslawien nach Chicago. Er wurde zu einem bedeutenden amerikanischen Dichter, der nach eigenen Auskünften in einer Sprache schreibt und träumt, die er mit Akzent spricht. Seine Werke sind unter anderem mit dem Griffin Poetry Prize und dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet worden. Im Jahre 2007 wurde er zum 15. Poeta laureatus der USA ernannt.
In seinem Werk amalgamiert Charles Simic unterschiedliche Einflüsse: angefangen bei den amerikanischen Meistern Emily Dickinson, Hart Crane und Theodore Roethke über Nonsens-, Kinder- und Rätselverse bis hin zu den serbischen Dichtern Ivan V. Lalić und Vasko Popa, die er ins Amerikanische übersetzt hat. Seine Gedichte sind abgründige, mythensatte Gebilde, für die allerdings gilt: “No myth without a funny bone.” In den Texten wimmelt es von Kakerlaken mit gefälschten Ausweisen und Ameisen mit Quäkerhüten. Buster Keaton trifft auf Thomas von Aquin, und Dostojewski betätigt sich als Türsteher eines finsteren Nachtclubs. Simic ist auch ein Meister der kleinen, alltäglichen Dinge. Dies zeigen seine Gedichte über Kleiderbügel, Schuhe, Messer, verlorene Handschuhe und Türschlüssel.
Veröffentlichungen (Auswahl):
Picknick in der Nacht. Gedichte 1962–2015. Carl Hanser Verlag 2016
Die Wahrnehmung des Dichters. Über Poesie und Wirklichkeit. Carl Hanser Verlag 2007
Mein lautloses Gefolge. Gedichte. Edition Lyrik Kabinett bei Hanser 2006
Grübelei im Rinnstein. Ausgewählte Gedichte. Carl Hanser Verlag 2000
Medici Groschengrab. Die Kunst des Joseph Cornell. Carl Hanser Verlag 1999
Ein Buch von Göttern und Teufeln. Gedichte. Carl Hanser Verlag 1993
Uljana Wolf
Uljana Wolf (c) Kai Nedden / Robert Bosch Stiftung
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Uljana Wolf (geb. 1979, Berlin) war mit ihrem ersten Gedichtband 2006 die jüngste Trägerin des Peter-Huchel-Preises. In ihrem Werk spielen Recherchen zwischen den Sprachen eine tragende Rolle, das Unübersetzbare umreißt sie in klaren Formen. Heute in New York und Berlin lebend, geht sie mit ihren Texten über Wanderbewegungen zwischen den Sprachen und Kulturen zugleich politischen Fragen von Identität, Migration und Sprachpolitik nach. Ihre Gedichte wurden in mehr als 15 Sprachen übersetzt. Mit großer Klanggenauigkeit, experimentellen Formen und dem Duktus sinnlicher Konkretion fungieren die Texte als Instrumente der Erkenntnis. Nicht nur mit eigenen Gedichten, sondern auch mit Nachdichtungen unter anderem aus dem Englischen und Polnischen tritt Wolf immer wieder hervor. Im Jahr 2009 war sie Mitherausgeberin des renommierten „Jahrbuchs der Lyrik“.
Veröffentlichungen:
meine schönste lengevitch. kookbooks 2013
Box Office. Münchner Reden zur Poesie 8. Stiftung Lyrik Kabinett 2009
falsche freunde. kookbooks 2009
kochanie ich habe brot gekauft. kookbooks 2005
Auszeichnungen (Auswahl):
Adelbert-von-Chamisso-Preis 2016
Erlanger Literaturpreis für Poesie als Übersetzung 2015
Wolfgang-Weyrauch-Förderpreis 2013
Dresdner Lyrikpreis (zus. mit Viola Fischerová) 2006
Peter-Huchel-Preis 2006