Kunst, Lyrik eingeschlossen, steht für Offenheit und Freude am Entdecken und Entwickeln ästhetischer Lösungen, die geeignet sind, globalen wie individuellen Problemen Ausdruck zu verleihen. Schon deshalb stehen Fanatismus und nationalstaatliche Abschottung künstlerischen Interessen diametral gegenüber. Wir alle sind dazu angehalten, die Europäische Union als weltoffenen und solidarischen Raum zu stärken, damit sie nicht zu einer Fata Morgana, zu einer „alternativ faktischen“ Sinnestäuschung mit irreparablen Schäden verkommt.
Auf dem 18. poesiefestival berlin loten rund 170 Dichterinnen und Dichter aus 42 Ländern sprachkünstlerisch Möglichkeitsräume aus. Auf ein Wort, Europa versammelt poetische Außenansichten aus 22 Nachbarländern der EU zu einer einzigartigen Installation. Der diesjährige VERSschmuggel ermöglicht eine kurdisch-deutsche Begegnung. Wie Worte und lyrische Formen Macht ausüben können, wird bei Poesie und Propaganda diskutiert. Das neue Projekt drei D poesie hat auf dem Festival Premiere. Internationale in Berlin lebende Künstlerinnen und Künstler experimentieren mit Tanz, Text und Musik. Drei Ausstellungen untersuchen Dimensionen des Endlosen, des Immer-wieder-Neusagens und Überschreibens. Die Berliner Rede zur Poesie 2017 ist ein Plädoyer für die Poesie als praktische Form verantwortungsbewussten Denkens und Handelns. Weltklang eröffnet das Festival traditionsgemäß mit einer poetischen Vermessung der Welt. Der Lyrikmarkt am letzten Festivaltag lenkt unser Augenmerk auf Dresden, das sich in einem Bühnenprogramm so zeigt, wie es vor allem ist: international, bunt, vielstimmig und vielfältig.
Ich bedanke mich herzlich bei allen Partnern und Förderern, bei allen Dichtern, Künstlern und Mitarbeitern, insbesondere beim Hauptstadtkulturfonds, beim Auswärtigen Amt und bei der Akademie der Künste. Uns allen wünsche ich ein an- und aufregendes Festival 2017.
Dr. Thomas Wohlfahrt
Leiter Haus für Poesie