Monika Grütters (c) Christof Rieken
„Kein schöner Land in dieser Zeit /als hier das unsre weit und breit“ – diese Zeilen sangen einst junge Frauen und Männer am Lagerfeuer, die sich nach Freiheit jenseits des bürgerlichen Lebens der Weimarer Republik sehnten. Naturverbunden und unabhängig wollten die „Wandervögel“ leben – das Lied war eine Hymne an die Schönheit der deutschen Landschaften und ein Leben in der Gemeinschaft. „Kein schöner Land“ – das Versfragment bekommt eine Bedeutung, die kaum aktueller sein könnte: Täglich flüchten tausende Menschen aus ihren Heimatländern, die jede Schönheit verloren haben und die nur noch die Narben des Krieges zeigen. Es sind Frauen und Männer, die existenzielle Sorgen, Armut und Verfolgung zu einer oft gefährlichen Reise zwingen in der Hoffnung auf ein besseres Leben in Europa, in Deutschland – einem schöneren Land. Aber wie schön ist dieses Land, das mit Fremdenfeindlichkeit zu kämpfen hat und in dem die politische Rechte eine erschreckende Renaissance erlebt? Wie wird das Leben in diesem Land aussehen, wenn unterschiedliche Kulturen, Religionen und Sprachen aufeinandertreffen? Das 17. poesiefestival berlin wird sich den Fragen um Flucht und Migration stellen und präsentiert sich in diesem Jahr mehr denn je als ein politisches Festival. 150 Dichterinnen und Dichter aus Norwegen, Mexiko, Rumänien, China, Kroatien, den Vereinigten Staaten und anderen Ländern werden zu einem weltoffenen Gesicht der Hauptstadt beitragen und mit ihren Worten Menschlichkeit, Empathie und Toleranz sprechen lassen. Dem Festivalleiter Thomas Wohlfahrt und seinem Team danke ich herzlich für ihr Engagement und für ihre Kreativität, mit denen es ihnen Jahr für Jahr gelingt, die Poesie auf die große Bühne zu bringen. Allen treuen – und neuen – Besucherinnen und Besuchern des Festivals wünsche ich intensive und bleibende Begegnungen mit der deutschen Sprache und mit der Dichtkunst.
Prof. Monika Grütters MdB
Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin