Die internationale Jury, mit der Filmemacherin und Journalistin Jasmine Kainy, dem niederländischen Lyriker Erik Lindner und dem Herausgeber des Poetryfilm Magazins Guido Naschert, vergab vier Preise:
Der ZEBRA-Preis für den besten Poesiefilm im internationalen Wettbewerb, gestiftet vom Haus für Poesie, geht an:
Boy Saint (IRL 2018)
Regie: Tom Speers
Gedicht: „Boy Saint“ von Peter LaBerge
Jurybegründung:
„Junge Männer starben und sterben, mit Körpern wie diesem, nur ihre Geisterstimmen spuken noch immer herum auf Sprachnachrichten, die ihre Mütter abspielen, um Trost zu finden.“ Der tragisch-schöne Tonfall des Gedichts des US-amerikanischen Autors Peter LaBerge gibt die Stimmung des Films vor, mit der sich Regisseur Tom Speers den Themen „Querness“, „Infektion“ und „Körperlichkeit“, der komplexen Beziehung aus Religion, Begehren und Verbot nähert.
Strategien der Sakralisierung in Sprache, Musik und Bild suggerieren einen Komplex aus Schuld und Unterdrückung, der ambivalente Gefühle auslöst, ohne irgendjemanden oberflächlich anzugreifen. Die autoritative Stimme bleibt Element einer andauernden Irritation und nachdenklich stimmenden Verstörung.
Als der Junge in Michael Ondaatjes Roman The Cat’s Table auf dem Schiff nach England zufällig sieht, wie die Bluse eines Mädchens aufgleitet, zerspringt für ihn die Welt und kann kein Ganzes mehr werden. Von nun an ist sie in zwei Geschlechter aufgeteilt. Der irische Regisseur Tom Speers und der amerikanische Dichter Peter LaBerge lassen diese Bewusstwerdung innerhalb des eigenen Geschlechts stattfinden. Boy Saint ist ein eindrucksvoller Film, in dem Jungen sowohl ihre schöne als auch ihre hässliche Seite zeigen und entdecken.
In Boy Saint schreibt der Dichter unverblümt, und Regisseur und Kameramann gehen ihr Thema direkt an: den Moment, in dem man sich vom Anderen löst und zu einem Einzelnen wird. Gezeigt wird dies anhand einer Gruppe von Jungen, die sich balgen, miteinander kämpfen, umherstreifen, Unfug treiben, Feuer machen. Wenn wir von Nahem sehen, dass der Andere anders ist als wir, werden wir uns unser selbst bewusst. In diesem Augenblick wird, um es in biblischen Worten auszudrücken, ein Keil zwischen uns getrieben.