Veranstaltung: Februar 2023
Do
16.2.23
19.30 Uhr
Nachholtermin: das was zu schreiben ist mit klarer schrift zu schreiben
Poesie lesen von: Christa Reinig
Lesung & Gespräch
Christa Reinig (geboren 1926 in Berlin, gestorben 2008 in München) schrieb auf der Rückseite von Behördenformularen Gedichte über Eingemauerte, gehenkte Henker und ausgeschiffte Piraten. Sie schrieb für alle, „die in diesem leben / nicht mehr nach hause finden“, „für asoziale elemente“. Ihre Hinwendung zum radikalen Feminismus ging auf eine Erleuchtung an einer Bushaltestelle zurück. Reinig war eine schlafende Riesin, die von einem Land ohne Männer träumte, aber eigentlich wollte sie eine „perserkatze mit dieselmotor“ sein.
Kenner:innen galt sie als die einzige in Deutschland, die noch Reime machen konnte – auch deshalb übersetzte sie Marina Zwetajewa aus dem Russischen. Reinig war eine Meisterin der Ballade und des Bänkelsangs, aber hinter der gebändigten Form ist bei ihr immer ein Aufruhr zu erahnen (der Vers sitzt, in jeder Hinsicht).
Trotz aller Angriffslust findet sich eine große Zartheit in ihren Gedichten, etwa, wenn sie die blind gegen das Teleskop gestellte Nacht beschreibt oder den Wind, der, vom Feuer aufgeatmet, im Wirbel steht und zögert. In der DDR durfte sie nicht veröffentlicht werden; 1964, nach der Verleihung des Bremer Literaturpreises, kehrte sie folglich nicht zurück. Auf ihrem Schreibtisch im Märkischen Museum, wo sie als Kustodin arbeitete, hinterließ sie nur ein Röntgenbild ihrer Wirbelsäule.
In Lesung und Gespräch: Annett Gröschner | Ursula Krechel | Monika Rinck
Moderation: Asmus Trautsch
Haus für Poesie
Kulturbrauerei
Knaackstr. 97, 10435 Berlin
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