Veranstaltung: Februar 2023
Mi
1.2.23
19.30 Uhr
In unbeholfener Vertretung eines Engels. Poesie lesen von: Wisława Szymborska
Lesung & Gespräch
Wisława Szymborska (geboren 1923 in Prowent, gestorben 2012 in Krakau) ist ein seltener Fall: Ihr Rang als bedeutende Dichterin ist unbestritten (1996 sprach man ihr den Nobelpreis zu), gleichzeitig wird sie nicht nur von den Eingeweihten geachtet, sondern weltweit geliebt und tatsächlich gelesen. Ihr ebenbürtig in der polnischen Lyrik der letzten 100 Jahre ist allenfalls Czesław Miłosz. Szymborskas Sprache jedoch ist einfacher, unverstellter. Man würde sich kaum wundern, ihre Verse auf einem Schulhof in Łódz oder in einer Bäckerei in Katowice zu hören. Dabei schonte sie ihre Leser:innen nie, schrieb Gedichte über Folter oder die Ermordung des Dichters Krzysztof Kamil Baczynski während des Warschauer Aufstands. Niemals entglitt ihr der Ton ins Rhetorische oder allzu Selbstgewisse. „Den lauten Ruf beantworte ich mit Geflüster“, heißt es bei ihr. Unvergessen sind ihre Gedichte, z.B. das über die endlose Zahl PI, der gegenüber ein Kometenschweif „mauskurz“ erscheint, das, in dem die geschriebene Ricke vom geschriebenen Wasser trinkt, welches „ihr Geäse widerspiegelt wie Blaupapier“, das, in dem ein Tintenfisch die Hoheitsgewässer verletzt, das, in dem ein Käfer – die drei Beinpaare sorgfältig über dem Bauch gefaltet – tot am Wegesrand liegt, oder das über Kassandra und jenes Lied vom grünen Blatt, das niemand in ihrer Gegenwart zu Ende sang …
Die Veranstaltung wird gedolmetscht. Mit freundlicher Unterstützung von ECHOO Konferenzdolmetschen.
Im Anschluss an die Veranstaltung wird der Dokumentarfilm Ende und Anfang: Treffen mit Wisława Szymborska von John Albert Jansen gezeigt.
In Lesung und Gespräch: Krystyna Dabrowska | Jacek Dehnel | Renate Schmidgall
Moderation: Karolina Golimowska
Haus für Poesie
Kulturbrauerei
Knaackstr. 97, 10435 Berlin
Eintritt:
6/4 €
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