Veranstaltung: Januar 2024
Di
30.1.24
19.30 Uhr
Ich weiß bloß nicht, ob sie mich gehen lassen
Poesie lesen von: Theodor Kramer
Lesung & Gespräch
Der Dichter Theodor Kramer (geboren 1897 in Niederhollabrunn, gestorben 1958 in Wien) wuchs als Sohn eines jüdischen Gemeindearztes im niederösterreichischen Lößland auf. Nachdem er die „ganz eigenbrötlerische Gedankenlyrik“ (Kramer über Kramer) der frühen Jahre hinter sich gelassen hatte, wurde er 1929 über Nacht berühmt mit seinem ersten Gedichtband Die Gaunerzinke.
Kramer präsentiert sich darin als ein volkstümlicher Dichter der Kindheitslandschaft und des Milieus, ein Außenseiter mit einem Blick für die Außenseiter. Am bedeutendsten sind seine beispielhaften Porträts der Berufsstände (fast ein Parallelprojekt zu August Sanders Menschen des 20. Jahrhunderts). Kramer beschreibt den Halter, Schusterkneip, Zimmermaler und Bäckerbub, kennt die Fachsprachen ihres Handwerks und folgt seinen Protagonisten in die Stehweinkneipen Wiens. Der Folgeband Wir lagen in Wolhynien im Morast (1931) versammelt Kriegsgedichte, die zu den bedeutendsten innerhalb des Genres zählen. Zu Kramers Bewunderern gehörten Thomas Mann, Franz Werfel und Stefan Zweig, der über ihn schrieb: „Seine Versbücher gehören längst zum unzerstörbaren Bestand deutscher Lyrik.“ Heute ist Kramer sehr zu Unrecht fast vergessen, was auch daran liegt, dass er im Laufe seines Lebens die Schrecken des 20. Jahrhunderts fast exemplarisch durchlitt. Nach einer schweren Verwundung im Ersten Weltkrieg, fand er nur mühsam in den Alltag zurück, arbeitete als Statistiker in einer Getreideverkehrsstelle und als Buchhändler. Ende der 30er Jahre flüchtete er vor den Nazis, ging ins Exil nach Großbritannien. Nach 18 Jahren kehrte er in seine Heimat zurück, um dort zu sterben. An die Popularität der Vorkriegsjahre konnte er nicht mehr anschließen.
In Lesung und Gespräch: Max Czollek | Tanja Maljartschuk
Moderation: Irina Bondas
Haus für Poesie
Kulturbrauerei
Knaackstr. 97, 10435 Berlin
Eintritt:
6/4 €
Tickets online