„Kein schöner Land“ – das meint Deutschland wie die Welt. Wir haben nur die eine, und die ist in keinem guten Zustand: Krieg, Umweltzerstörung, Verelendung, Vertreibung, Flucht und Fanatismus sind globale Probleme. Jeder nationalstaatliche Versuch, nur das Eigene dagegen abschotten zu wollen, belügt die eigene Bevölkerung und produziert neue Unmenschlichkeit. Ein grundlegendes Umdenken ist gefragt!
Poetisches Denken und poetische Formen weiten auch dafür den Blickwinkel. So versammeln Poetry and Conflict und Balkan Balcony Autorinnen und Autoren, die in Konfliktzonen schreiben und für Menschenrechte eintreten. Das Colloquium diskutiert Flucht in literarischen und religiösen Schriften. Die Winterreise von Schubert und Wilhelm Müller gerät, konfrontiert mit Texten von Heiner Müller, unters Brennglas der heutigen Zeit.
Zum 17. poesiefestival berlin sind rund 150 Dichterinnen und Dichter sowie Künstler aus 37 Ländern eingeladen, die in ihren poetischen Suchbewegungen in das Getriebe dieser Welt eingreifen. Hervorragende Übersetzungen sind die Voraussetzung zum Verstehen. Auch deshalb freue ich mich, dass in diesem Jahr zwei VERSschmuggel-Projekte ihre Ergebnisse vorstellen: ein hebräisch-deutsches und das achtzehn südasiatische Sprachen und das Deutsche umfassende Poets Translating Poets in Kooperation mit dem Goethe-Institut Mumbai.
Sie sind herzlich eingeladen, zwischen Weltklang und dem Markttreiben auf dem Lyrikmarkt zu erleben, wie die Welt in Vers und Tongebung klingt und sich darstellt. Auch Angebote für Kinder, Konzerte und künsteübergreifende, poetische Aktionen stehen auf dem Programm. Ich wünsche allen Beteiligten und Ihnen, unserem Publikum, ein anregendes Festival. Bei allen Partnern und Sponsoren bedanke ich mich herzlich, insbesondere beim Hauptstadtkulturfonds und der Akademie der Künste.
Dr. Thomas Wohlfahrt
Leiter der Literaturwerkstatt Berlin/Haus für Poesie und des poesiefestival berlin