Poetry-Clip-Gala

Durch Videos können Worte viral gehen und Slam-Poeten über Nacht Berühmtheit erlangen. Schon in Prä-YouTube-Zeiten wurde für Poetry-Slam-Texte ein Video-Format entwickelt, das viele Slammer zur Produktion eigener Clips inspirierte: Der Poetry Clip. Poetry Clips sind audiovisuelle Gedichte, Slam als Videokunst und lyrische Momentaufnahmen. Entwickelt wurde das Format von den Pionieren der deutschen Spoken-Word-Szene Wolf Hogekamp und Bas Böttcher, die eine Sammlung neuerer Clips im Wechsel mit Live-Performances präsentieren werden. Die Poetry-Clip-Gala wird ein Wechselspiel aus Bewegtbild und Bühne mit unterschiedlichen lyrischen Styles und filmischen Produktionen von low budget bis high end.

Die Herausforderung bestand darin, eine mediale Form zu schaffen, die die wachsende Vielfalt in der "Performance Poetry" adäquat vermittelt und darstellt. Buch- oder CD-Veröffentlichungen werden der neuen Live-Dichtung oft nur eingeschränkt gerecht. Dem Buch fehlt die akustische Dimension der Texte. Der CD fehlt die Mimik und Gestik des Autors und Performers. Abgefilmte Slam-Auftritte sprechen den Zuschauer immer nur indirekt an. Es fehlt der Blick in die Kamera und die Unmittelbarkeit. Beim Poetry Clip ist das Video die Bühne. Mikrofon, Textblatt und Scheinwerfer sind off-camera und stehen nicht zwischen Slammer und Zuschauer. Das Video wird selber zum Teil der lyrischen Form. Mit Poetry Clips wurde ein Format geschaffen, welches die verschiedenen Facetten der Spoken Word-Dichtung transportiert. Im Unterschied zum Buch oder der Audio CD bieten Poetry Clips das vollständige Ereignis eines gesprochenen Gedichtes. Man sieht den Autor und dessen Mimik, man hört die Stimme und deren Intonation, man folgt dem Text und dessen Bedeutung. Poetry-Clips sollen die Rezeptions-Kanäle für Dichtung erweitern. Der Text, das Bild und der Ton. Das ist das Jetzt - der lyrische Augenblick.

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"Was wisst ihr denn eigentlich schon davon?" (Regie: Nina Mielitz)

In der Regel sind Poetry Clips nicht länger als Popsongs. In Poetry Clips wird der Text speziell für die Kamera inszeniert. Es handelt sich nicht um abgefilmte Lesungen. Das Format Poetry Clip ist absichtlich sehr einfach gehalten. Poeten und Filmemacher sollen ermuntert werden, eigene Poetry Clips zu produzieren. Die Formatvorgeben sind simpel: ein Autor, an einem Ort, mit einem Text, zirka 3 Minuten Länge. Blickkontakt mit dem Zuschauer, Camera-Acting statt Bühnen-Gestik - keine abgefilmte Lesung, kein Textblatt, kein Mikrofon im Bild Durch die einheitliche mediale Form soll - bei aller Vielfalt der Stile, Inhalte und Performances - eine Vergleichbarkeit hergestellt werden.

Die Poetry Clips:

Die Macht der Sprache (D 2016, Bas Böttcher)
Bismarckallee (D 2013, Franziska Holzheimer)
Was wisst ihr denn eigentlich schon davon? (D 2015, Anke Fuchs)
Das Orchester (D 2016, Quichotte)
Manche Probleme (D 2016, Jason Bartsch)
Drei Dinge (D 2016, Stefan Dörsing)
Mascha (D 2016, Hinnerk Köhn)
Kopfgezeichnet (D 2014, Maximilian Humpert)