Künstler 2006 – Weltklang - Nacht der Poesie

Gülten Akin

Gülten Akin (*1933, Türkei) ist eine wegweisende Dichterin für die zeitgenössische Literatur der Türkei. Sie studierte Jura und hat viele Jahre als Anwältin und Lehrerin, sowie als Literaturkritikerin und Essayistin gearbeitet. Sie ist Gründerin und Leiterin einer Menschenrechtsorganisation. Das Schreiben von Poesie ist für sie gleichbedeutend mit der Wahrnehmung von sozialer Verantwortung.
Im Verlauf der letzten 50 Jahre hat Gülten Akin die wichtigen Themen einer traditionellen, patriarchalischen Gesellschaft aus weiblicher Perspektive dargestellt. Ihre Lyrik beschäftigt sich mit Fragen der Gleichberechtigung, mit Gerechtigkeit, mit Liebe und wendet sich den Unterprivilegierten der Gesellschaft zu. Sie schreibt über Menschen, die ihren Platz in der Gesellschaft nicht finden konnten und ausgeschlossen sind von den sozialen, politischen und ökonomischen Möglichkeiten. Akin verweist auf die rauen sozialen und ökonomischen Verhältnisse, vertraut jedoch in den Kampf der Menschen gegen Unterdrückung, Armut und Ausbeutung.
Veröffentlichungen (Auswahl): Collected Poems (2004), Sessiz Arka Bahceler (1998), Sonra Iste Yaslandim (1995), Sevda Kalicidir (1991), Ilahiler (1983)
Auszeichnungen (Auswahl): Antalya Golden

Jayanta Mahapatra

Der Physiker Jayanta Mahapatra (*1928, Indien) veröffentlichte seinen ersten Gedichtband erst mit 40 Jahren, nach jahrelanger Tätigkeit als Wissenschaftler. Mittlerweile ist er ein national und international ein gefeierter Dichter. Mahapatra schreibt in englischer Sprache und in Oriya, eine von 23 offiziell anerkannten Sprachen Indiens, die mit einem eigenen Alphabet geschrieben wird. Er versteht sich als Vermittler zwischen den Kulturen: er ist ein moderner Stadtbewohner, dessen Themen im sozio-kulturellen Erbe Indiens tief verwurzelt sind. Diese Mischung macht die Einzigartigkeit seiner Dichterstimme aus. Seine Gedichte haben einen melancholischen Klang, sind subjektiv geschrieben und nehmen zugleich Bezug auf Gesellschaft und Umwelt.
Er hat 16 Gedichtbände veröffentlicht, auch in internationalen Anthologien und Zeitschriften ist er zahlreich vertreten. Er ist selbst Herausgeber der angesehenen literarischen Zeitschrift Chandrabhaga.
Veröffentlichungen (Auswahl): Chali (2006), Random Descent (2005), Tikie Chhayee (2001), Bare Face (2000)
Auszeichnungen (Auswahl): Gangadhar National Award for Poetry (1994), First Prize Scottish International Open Poetry Competition (1990), Sahitya Akademi Award (1981), Japan Foundation Visitors Award (1980), Jacob Gladstein Memorial Award Chicago (1975), Second Prize International Who´s Who in Poetry London (1970)

Hsia Yu

Hsia Yu (*1956, Taiwan) studierte an der National Taiwan Academy of the Arts Film- und Theaterwissenschaften. Nach längeren Auslandaufenthalten in Frankreich und den USA lebt sie heute in Taipei. Sie hat zahlreiche Essays und Theaterstücke veröffentlicht. In Taiwan sind bisher vier Gedichtbände von ihr erschienen. Seit ihren ersten Veröffentlichungen Anfang der achtziger Jahre, gilt Hsia Yu als eine der wichtigsten Stimmen der jungen taiwanesischen Literatur.
Veröffentlichungen (Auswahl): Beiwanglu/Memoranda (1983), Ventriloquy (1991) Rub Ineffable (1995) Salsa (1999), Fusion Kitsch (2002)

Lebogang Mashile

Sie wuchs als Kind exilierter Südafrikaner in den USA auf. 1995 kehrte sie mit Ihren Eltern nach Südafrika zurück und studierte in Johannesburg Jura und Internationale Beziehungen.
Lebogang Mashile (*1979, Südafrika) ist eine der wichtigsten Poetry Performerinnen Südafrikas. Mit ihren Veröffentlichungen und Auftritten hat sie vor allem die jüngere weibliche Lyrik Südafrikas maßgeblich geprägt. Mashiles kraftvoll poetische Sprache ist von außerordentlicher Musikalität. Ihre 2005 veröffentlichte CD Lebo Mashile Live, auf der sie ihre Gedichte in Begleitung einer Band vorträgt, gibt einen Eindruck davon, wie sehr ihre Lyrik dem unmittelbaren Vortrag verbunden ist. Sie Mitglied des 2003 gegründeten Feela Sistah! Spoken Word Collective. 2004 war Lebogang Mashile für den DaimlerChrysler South Africa Poetry Award nominiert.
In dem für drei Oscars nominierten Film Hotel Ruanda von Terry George gab Lebogang Mashile 2005 ihr Debüt als Schauspielerin. Sie ist Produzentin und Moderatorin einer Dokumentarserie, in der sie die Lebenswelten südafrikanischer Frauen vorstellt.
Veröffentlichungen: In a Ribbon of Rhythm (2005). Lebo Mashile Live (2005)

Sainkho Namtchylak

Sainkho Namtchylak (*1957 in Tuwa, eine autonome Republik in Südsibirien) lernte von ihrer Großmutter den traditionellen Obertongesang der Turkvölker. Mit 20 Jahren zog sie nach Moskau, wo sie Kontakt zur Moskauer Avantgarde-Szene aufbaute und sich noch während ihres Musikstudiums als Sängerin etablierte. Seit den 90er Jahren widmet sie sich der Synthese der traditionellen sibirischen Musik mit westlichen Musikstilen wie Jazz und Pop, ebenso wie Kooperationen im Musik-, Theater- und Filmbereich. In den letzten Jahren setzt sie sich verstärkt mit den kreativen Möglichkeiten von Musikelektronik auseinander. Für ihr Album „Naked Spirit“ (1998) gewann sie den Preis „Album Of The Year – Worldmusic“.

Peter Rühmkorf

Rühmkorfs (*1929, Deutschland) erster Gedichtband "Irdisches Vergnügen in g" lässt bereits die Virtuosität seiner Wortkunst erkennen: er parodiert, persifliert vorgegebene Gedichtformen, kombiniert sogenannte Hochsprache mit Slang und saloppem Umgangsdeutsch, reißt Wörter aus dem gewöhnlichen Kontext und stellt sie in neue Zusammenhänge. Als Publikationsform seiner Werke bevorzugt Rühmkorf eine Mischform: Seinen Gedichtbänden gibt er Essays bei, die fast immer das Handwerk des Dichters reflektieren. "Walther von der Vogelweid", "Klopstock und ich" sowie "Strömungslehre I" enthalten wechselseitig sich spiegelnde Gespräche, Briefe, Aufsätze über Dichtkunst, zumal über die Modalitäten der zeitgenössischen Schriftstellerexistenz, dazu eigene Gedichte und im ersten Band auch Gedichte Walthers von der Vogelweide in der Übertragung von Rühmkorf. - "Die Jahre die Ihr kennt" kombiniert autobiographische Reminiszenen des Autors mit eigenen Rezensionen, politischen Pamphleten und eigenen Gedichten. Seit 1999 erscheint eine Ausgabe seiner Werke.

Veröffentlichungen (Auswahl): Irdisches Vergnügen in g (1959), Walther von der Vogelweide, Klopstock und ich (1975), Phoenix - voran (1979), Selbstredend und selbstreimend. Gedichte - Gedanken – Lichtblicke (1987), Laß leuchten (1993), Tabu II (2004)

Auszeichnungen (Auswahl): Erich-Kästner-Preis (1980), Arno-Schmid-Preis (1986), documenta-Schreiber (1987), Heinrich-Heine-Preis (1988), Ehrendoktor der Universität Gießen (1989),  Georg Büchner-Preis (1993)

Sjón

Sjón (*1962 Reykjavík, Island) ist einer der vielseitigsten Künstler Islands. Bereits mit 15 Jahren veröffentlichte er seinen ersten Lyrikband, welchem bis heute elf weitere folgten. 2006 erschien Sjóns erster Lyrikband „gesang des steinesammlers“ (Kleinheinrich Verlag) in deutscher Sprache. Ein Jahr später erschien sein Roman „Schattenfuchs“, welcher ihm den Literaturpreis des Nordischen Rates einbrachte. Insgesamt wurden Sjóns literarische Werke in 20 Sprachen übersetzt. Neben seinen lyrischen Werken veröffentlichte er auch einige Romane.
Sein literarisches Schaffen umfasst außerdem Opernlibretti, Theaterstücke und Drehbücher. Im Bereich des Films ist Sjón jedoch nicht nur als Drehbuchautor tätig, sondern schreibt auch Liedtexte, u.a. für „Dancer in the Dark“ von Lars von Trier, welche ihm eine Oscar-Nominierung einbrachten. Für Björk, die die Hauptrolle in diesem Film gespielt hat, schrieb er bereits zahlreiche Songs wie „Bachelorette“ und „Wanderlust“.
Er selbst war unter dem Pseudonym „Johnny Triumph“ als Musiker tätig und veröffentlichte mit der isländischen Band Sugarcubes, welcher Björk angehörte, den Titel „Luftguitar“. Zu seinen künstlerischen Tätigkeiten zählt außerdem die Performancekunst. So war er ab 1980 sechs Jahre Teil der Performancegruppe „Medúsa“, welche sich vor allem dem Surrealismus verschrieben hatte. Sjóns Spektrum an kreativem Schaffen macht ihn zu einem einmaligen Künstler, dessen Kreativität grenzenlos zu sein scheint.  

Veröffentlichungen (Auswahl):
Stálnótt (1987)
Myrkar fígúrur (1998)
söngur steinasafnarans (2007)
ljóðasafn 1978 - 2008 (Anthologie) (2008)
Das Gleißen der Nacht (2008)

Gerald Stern

Gerald Stern (*1925) lebt in Lambertville, New Jersey. Er lehrte unter anderem an der New Yorker Columbia University, der University of Pittsburgh und am Iowa Writer’s Workshop. Zuletzt erschien von ihm „Everything is Burning“ (W.W. Norton, New York 2005) und seine Autobiographie-in-Essays „What I Can’t Bear Losing - Notes from a Life“ (W.W. Norton, New York 2004). Sein Werk wurde mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet, unter anderem dem National Book Award, dem Preis der Guggenheim Foundation und dem Ruth-Lilly-Prize. 2005 wurde er mit dem Wallace Stevens Award ausgezeichnet.

Raphael Urweider

Raphael Urweider (*1974,Schweiz) ist einer der vielseitigsten, kreativsten und innovativsten Autoren deutscher Sprache. Außer als Lyriker, hat er sich vor allem mit seiner Arbeit als Theatermusiker und durch Auftritte mit Rap- und HipHop-Projekten einen Namen gemacht. Er komponierte unter anderem zusammen mit Hans Koch die Musik für das Stück Dreiraff oder die reinste Entsorge nach August Stramm von Oswald Lipfert, das im März 1999 im Schlachthaus Bern aufgeführt wurde. Urweiders Lyrik ist sehr durch die Musikalität der Sprache bestimmt und seine Wortakrobatik geprägt.
Veröffentlichungen: Lichter in Menlo Park (2000), Das Gegenteil von Fleisch (2003)
Auszeichnungen (Auswahl): Arbeitsstipendium des Deutschen Literaturfonds (1999), Leonce-und-Lena-Preis (1999), Literatur-Förderpreis der Stadt Bremen (2001), 3sat-Preis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt (2002), New-York-Stipendium zum Kranichsteiner Literaturpreis (2002), Clemens-Brentano-Förderpreis für Literatur der Stadt Heidelberg (2004)

Adam Zagajewski

Adam Zagajewski (*1945, Polen) ist einer der bedeutendsten Autoren der polnischen Gegenwartsliteratur. Sein Werk gehört zum literarischen Kanon Polens und hat Eingang in Lexika und Schulbücher gefunden. Als einer der Wortführer der "Generation 68", deren Programm er in dem Manifest "Die nichtdargestellte Welt" (1974) ausformulierte, zählt Adam Zagajewski zu den modernen Klassikern der polnischen Gegenwartsliteratur.

Adam Zagajewski hat sich vor allem als Lyriker, Romancier und Essayist einen Namen gemacht. Geistig den Nobelpreisträgern Czeslaw Milosz und Wislawa Szymborska nahestehend, ist Zagajewskis Werk inspiriert von Religion, Philosophie und Politik, sind seine Dichtungen historisch tief verankert und zugleich von großer Modernität. Originell und aktuell, aber der Tradition verpflichtet, ironisch und melancholisch, schreibt Zagajewski die moderne Geschichte der internationalen Poesie weiter. Seine Werke "beschwören die Vielfalt des Lebens und überprüfen mit ironischer Distanz den Kern der Dinge. Seine Dichtungen sind eine Hommage an die Einheit des europäischen Kontinents und ein Brückenschlag zwischen ost-, westeuropäischer und amerikanischer Welt." (Michael Braun)
Veröffentlichungen in deutscher Sprache (Auswahl): Die Wiesen von Burgund (Carl Hanser Verlag, 2003), Mystik für Anfänger (Carl Hanser Verlag, 1997), Mystik für Anfänger (Carl Hanser Verlag ,1994)

Auszeichnungen (Auswahl): Kurt-Tucholsky-Preis, Stockholm (1985), Andrzej-Kijowski-Preis, Warschau (1986), Prix de la Liberté, Paris (1987), Literaturpreis der Alfred-Jurzykowski-Stiftung, New York (1988), Nikolaus-Lenau-Preis für europäische Lyrik (2000), Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung (2002).