50 Jahre Stonwall

Lee Mokobe

Lee Mokobe © Kaya Mtengwane

Slam-Poet Lee Mokobe (geb. 1995 in Kapstadt, Südafrika) behandelt in seinen eindrucksvollen Performances soziale und politische Themen sowie seine Erfahrungen als schwarzes, transqueeres Mitglied der LGBT*-Community.

Er ist der Gründer und künstlerischer Leiter der Vocal Revolutionaries, einer Organisation, die sich der literarischen Nachwuchsförderung in Afrika widmet und sowohl einen Adobe-Creative Catalyst-Preis als auch ein Stipendium der Awesome Foundation erhalten hat.

Mokobes Werk wurde bereits mit mehreren internationalen Preisen prämiert und wird weltweit in diversen Universitäten unterrichtet. Er ist dreifacher TED- und TEDx-Redner und war 2015 der jüngste TED-Stipendiat überhaupt. Der Videomitschnitt seiner Performance, in der er seine Transgender-Identität reflektiert, wurde mittlerweile über 1,5 Millionen Mal angeklickt.

Zurzeit arbeitet Mokobe an seinem ersten Gedichtband und unterrichtet Jugendliche aus aller Welt in Fotografie, Lyrik und Film.

 

Auszeichnungen und Preise:

Erster Platz, Brave New Voices International Slam Poetry Wettbewerb 2015

TED Stipendium 2015

Zweiter Platz, Brave New Voices International Slam Poetry Wettbewerb 2014

Goldmedaille, South African Youth Slam 2014

Jericho Brown

Jericho Brown © Mike Doyle

In seinem jüngsten Lyrikband „The Tradition“ (2019) schreibt Jericho Brown, aufgewachsen in Louisiana, vom zwiespältigen Leben in einem Land, das von Massenschießereien und gewalttätigen Übergriffen auf unbewaffnete Menschen durch die Polizei geprägt wird. Der Körper bildet in seinen Gedichten einen Zufluchtsort des (Über)lebens. Im Zentrum von „The New Testament“ (2014) reflektiert Brown, wie es ist, heute als schwarzer schwuler Mann in den USA zu leben. Der Band wurde mit dem Anisfield-Wolf Book Award ausgezeichnet und vom Library Journal, Coldfront und der Academy of American Poets als eines der besten Bücher des Jahres gelistet. Sein erster Lyrikband „Please“ gewann 2009 den American Book Award.

Jericho Brown wurde mit dem Whiting Writers’ Award, einem Stipendium der John Simon Guggenheim Stiftung, des Radcliffe Institute for Advanced Study der Harvard University und dem National Endowment for the Arts ausgezeichnet.

Er veröffentlichte u. a. bei Buzzfeed, The Nation, The New York Times, The New Yorker, The New Republic, Time und The Pushart Prize Anthology, außerdem in mehreren Bänden der Anthologiereihe The Best American Poetry. Er lehrt als Associate Professor und Leiter des Creative Writing Program an der Emory University in Atlanta.


Veröffentlichungen:
Please, UPNE 2008

The New Testament, Copper Canyon Press 2014

The Tradition, Copper Canyon Press 2019

 

Auszeichnungen (Auswahl):

American Book Award 2009

Whiting Writers‘ Award 2009

Stipendium des Radcliffe Institute for Advanced Study der Harvard University 2009

National Endowment for the Arts Fellowship for Poetry 2011

Anisfield-Wolf Book Award 2014

Stipendium der Guggenheim Stiftung 2016

Angélica Freitas

Angélica Freitas © Bianca de sá

Konventionen, literarische wie gesellschaftliche, sind der Journalistin, Herausgeberin und Lyrikerin Angélica Freitas (geb. 1973 in Pelotas, Brasilien) suspekt. In ihren Gedichten überwindet sie die starren Regeln der traditionellen brasilianischen Lyrik und besinnt sich auf die oralen Ursprünge der Poesie. Der Dichter Ricardo Domeneck stellt sie in eine Reihe mit Christian Morgenstern, dem Dadaisten Hans Arp und Gertrude Stein.

Ihr erster eigener Lyrikband „rilke shake“ erschien 2007 und wurde mehrfach übersetzt. Die deutsche Ausgabe erschien 2011 bei Luxbooks. 2013 folgte der Band „Um útero é do tamanho de um punho“, in dem sie sich kritisch und humorvoll mit lesbischer Sexualität auseinandersetzt und Geschlechterkonstruktionen hinterfragt.

Freitas' Gedichte wurden in verschiedenen internationalen Zeitschriften veröffentlicht, darunter Granta, Modern Poetry in Translation und The White Review, wie auch in zahlreiche Anthologien aufgenommen. So ist Freitas auch in Poesia Gay Brasileira, der ersten Kompilation mit Gedichten von brasilianischen LGBT-Autor*innen, vertreten. Gemeinsam mit dem Zeichner Odyr Bernardi veröffentlichte sie 2012 zudem den Graphic novel „Guadalupe“.

 

Veröffentlichungen (auf Portugiesisch):
rilke shake, Cosac Naify, São Paulo 2007

Um útero é do tamanho de um punho, Cosac Naify, São Paulo 2013

Guadalupe (mit Odyr Bernardi), Companhia das Letras , São Paulo 2012

Urayoán Noel

Urayoán Noel © Luis Carle

Der in der South-Bronx lebende Dichter und Künstler Urayoán Noel (geb. 1976 in Sancture, Puerto Rico) führt als „statelesspoet“ die nuyoricanische – ein Kofferwort aus New York und puertorikanisch – Tradition in eine installativ-performative Praxis des Smartphonezeitalters. Sein ästhetisches Denken bewegt sich zwischen den Koordinaten print, body und web, im Hintergrund hämmern Slamrhythmen, der Latin Funk House Kenny Dopes und Rapflows Fat Jons, Big Puns und Oddateees. So treibt Noel in Silbentreppensonetten, Dezimen, per App konfigurierten Anagrammen, mit Sprachsteuerungen angefertigten Selbst- und Fremdübersetzungen und auf seinem poetischen Vlog wokitokiteki.com Ansätze einer poetischen Durchmischung von Englisch und Spanisch aus dem Umkreis des Nuyorican Poets Café weiter, die er als Associcate Professor der New York University auch theoretisch untersucht.

Noel begreift Gedichte als „unstatements“. Was er sucht, sind identitätskritische Textereignisse, die Unzugehörigkeiten propagieren: sei es zu Nationen, Territorien, Textsorten, Genrekategorien, Gendernormen, Sprachen oder anderen „Syndromen“. Auch seine Erfahrungen in der queeren Community New Yorks fließen ein. Diese Textereignisse finden nur kurzfristig statt in einem als deterritorialisiert verstandenen Körper, der u.a. auch in künstlerische Zusammenarbeiten mit Choreographie, Tanz, Musik und Komposition einbezogen wird.

 

Veröffentlichungen (Auswahl)

Buzzing Hemisphere / Rumor Hemisférico, University of Arizona Press 2015

In Visible Movement. Nuyorican Poetry from the Sixties to Slam, University of Iowa Press 2014

Hi-Density Politics, BlazeVOX 2010

Kool Logic/La lógica kool, Bilingual Press 2005

 

Übersetzungen:

Pablo de Rokha: Architecture of Dispersed Life. Selected Poetry, Shearsman Books 2018

Wingston González: No Budu Please, Ugly Duckling Presse 2018

Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki

Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki © Marta Sputowska

In der polnischen Gegenwartslyrik ist Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki (geb. 1962 in Wólka Krowicka bei Lubaczów) der große Außenseiter. Er ist ein Poète maudit par excellence. Seine Texte wildern sprachlich an den Rändern. Sie erzählen von der Schizophrenie der Mutter, dem Tod des Freundes, von Strichermündern und Lubliner Freudenhäusern.

Tkaczyszyn-Dycki wurde bereits als Kind stark von der ukrainischen Kultur und Sprache geprägt. Einflüsse dieser Begegnungen sind bis heute in seinen Werken spürbar und drücken seine Faszination am Klang und an der Sprache aus. Seine Gedichte bestehen aus einer spannenden Mischung aus altertümlicher und zeitgenössischer polnischer Sprache: Worte, die grundsätzliche und elementar-menschliche Erfahrungen wie Leid, Einsamkeit und Tod aufgreifen. „Bei den Dyckis sterben sie häufiger viel häufiger als anderswo“, heißt es in einem Gedicht. Es wird erzählt von der Allgegenwart des Todes, vom „großen warmen sterben“, von den Knochen, die durch die Münder der Freunde rufen, und von „der krankheit die zwischen jungs wandert“. Es ist eine „vor lauter verschwinden“ instabile Welt, angesiedelt in einem Grenzbereich zwischen Schlaf und Wachen, Einbildung und Wirklichkeit.

Für seine 17 Gedichtbände und einen Prosaband erhielt Tkaczyszyn-Dycki zahlreiche Preise und Auszeichnungen, darunter 2009 den Nike-Literaturpreis, die bedeutendste literarische Auszeichnung Polens.


Veröffentlichungen (auf Polnisch):
Nenia i inne wiersze, 1990
Przewodnik dla bezdomnych niezależnie od miejsca zamieszkania, 2000

Zaplecze, 2002
Dzieje Rodzin Polskich, 2005
Piosenka o zależnościach i uzależnieniac, 2008

Oddam wiersze w dobre rece, 2010

Imię i znamię, 2011

Podaj dalej, 2012

Kochanka Norwida, 2014

Piosenka o zaleznosciach i uzaleznieniach, 2016

In deutscher Übersetzung erschienen „Geschichte polnischer Familien 2012“ und „tumor linguae“ (2015) , beide in der Edition Korrespondenzen Wien.


Auszeichnungen:
Babara Sadowska Literaturpreis 1995

Preis der Deutsch-Polnischen Literaturtage in Dresden 1998

Preisträger des Gdynia-Literaturpreises 2006

Hubert-Burda-Preise 2007

Wrocław Poesiepreis „Silesius“ 2012

Edmund White

Edmund White © Andrew Fladeboe

Edmund White (geb. 1940 in Cincinnati, USA) zählt zu den bedeutendsten schwulen Autoren des 20. Jahrhunderts. Gemeinsam mit anderen Autoren gründete er Anfang der achtziger Jahre die Gruppe „Violet Quill“, die die schwule Literatur in den USA entscheidend prägte. Mit „States of Desire“ (1980, dt. „Staaten der Sehnsucht“), einer Bestandsaufnahme schwulen Lebens in den USA zu Beginn der Schwulenbewegung, machte White international auf sich aufmerksam.

Als Romancier wurde er vor allem durch seine autobiografisch gefärbte Trilogie „A Boy's Own Story“ (1992), „The Beautiful Room Is Empty“ (1988) und „The Farewell Symphony“ (1997) bekannt. Mit seinen Romanen und autobiografischen Büchern wurde er zum literarischen Chronisten des homosexuellen Lebens in den USA.

Darüber hinaus veröffentlichte er während seiner Zeit als Kulturkorrespondent in Paris weltweit beachtete Biographien von Jean Genet, Arthur Rimbaud und Marcel Proust.

Seit 1990 lebt er wieder in New York und lehrte u.a. an der Princeton University. Für sein literarisches Schaffen erhielt White zahlreiche Preise, unter anderem den Award for Literature der American Academy of Arts and Letters, den National Book Critics Circle Award und 2018 den PEN/Saul Bellow Award for Achievement in American Fiction.


Veröffentlichungen (Auswahl):

The Joy of Gay Sex, with Charles Silverstein, Crown Publishing 1977, dt. Die Freuden der Schwulen.

Ein Handbuch zum Leben und Lieben, Gmünder 1989

States of Desire, Dutton Adul 1980, dt. Staaten der Sehnsucht, S. Fischer 1982

A Boy's Own Story, Modern Library 1982, dt. Selbstbildnis eines Jünglings, Kindler 1990

The Beautiful Room Is Empty, Knopf 1988), dt. Und das schöne Zimmer ist leer, Kindler 1991

The Burning Library: Writings on Art, Politics and Sexuality 1969-1993, Knopf 1994, dt. Die

brennende Bibliothek. Essays, Kindler 1996

The Farewell Symphony, Knopf, 1997, dt. Abschiedssymphonie, Kindler 2000

The Flâneur: A Stroll Through the Paradoxes of Paris, Bloomsbury 2008

Hotel de Dream, Bloomsbury 2008, dt. Männerschwarm Verlag 2015

Jack Holmes and His Friend, Bloomsbury 2012, dt. Jack Holmes und sein Freund, Gmünder 2012

City Boy. My Life in New York during the 1960s and '70s, Bloomsbury 2009, dt. City Boy. Mein Leben

in New York, Albino Verlag 2015

Our Young Man, Bloomsbury 2016

The Unpunished Vice: A Life of Reading, Bloomsbury 2018

Eileen Myles

Eileen Myles © Shae Detar

Eileen Myles (geb. 1949 in Cambridge, Massachusetts) begann ihre Karriere als Dichterin im New York der 70er Jahre, wo sie von AutorInnen der zweiten Generation der New York School beeinflusst wurde (unter ihnen James Schuyler, Alice Notley und Bernadette Mayer). Ihre ersten Lesungen gab sie im CBGB‘s, dem berühmten Club im East Village von Manhattan, in dem auch die Ramones, Patti Smith, Johnny Thunders und Blondie auftraten.

Myles selbst ist mittlerweile so etwas wie ein Rockstar in der amerikanischen Lyrikszene. Die Rückseite ihrer Bücher zieren Blurbs von Lena Dunham und Kim Gordon. Myles bezeichnet sich „als wütende, weiße Lesbe, die die brennenden Straßen durchwandert“, als „Bastard-Poetin aus der konservativen Diaspora“, die nach New York kam, um für Aufsehen zu sorgen.

Das ist ihr mit ihrem typisch kurz-zeiligen, lakonischen Stil und mittlerweile 20 Gedichtbänden auf unvergleichliche Weise gelungen.


Veröffentlichungen (Auswahl):

Chelsea Girls, Black Sparrow Press 1994                                                                                      

Must Be Living Twice: New and Selected Poems 1975-2014, Ecco Press 2015

Afterglow (a dog memoir), Grove Press 2017

Evolution, Grove Press 2018