Weltklang - Nacht der Poesie

Charles Bernstein

Charles Bernstein © Emma Bee Bernstein

Das Werk des radikalen Modernisten Charles Bernstein (geb. 1950 in New York) verlangt im Regal der internationalen Gegenwartslyrik nach einem schrägen Brett. Bernstein ist als Spiritus Rector der experimentellen Literatur und Erneuerer des amerikanischen Langgedichts Ikone und Ikonoklast zugleich. Er stürmt die Bilder, die er in seinen Gedichten schöpft. Seine atonalen, polyvalenten Texte sind wie jenes eingeschweißte Naschwerk, von dem es in einem seiner Gedichte einmal heißt, es enthalte „froschgefüllte Pralinen“.
Berühmt ist Bernstein außerdem als Herausgeber und Redakteur des L=A=N=G=U=A=G=E-Magazins (1978–1981), eines vitalen Diskursspenders, das wie kein zweites Medium die Theorien der experimentellen Literatur befeuerte. Es wirkt bis heute als neostrukturalistisches Vademekum für alle Avantgardisten und eröffnet der Dichtung gleich mehrere Wege in eine mögliche Zukunft.
Mit „Angriff der Schwierigen Gedichte“ (luxbooks 2014) liegt eine repräsentative Auswahl aus Bernsteins Werk auf Deutsch vor.

Veröffentlichungen (Auswahl):
Rough Trades, Sun & Moon Press 1991
Dark City, Sun & Moon Press 1994
Republics of Reality: 1975–1995, Sun & Moon Press 2000
With Strings, University of Chicago Press 2001
Girly Man, University of Chicago Press 2006
All thee Whiskey in Heaven, Farrar, Straus, and Giroux 2010
Recalculating, University of Chicago Press 2013
Angriff der Schwierigen Gedichte, luxbooks 2014

Robert Forster

Robert Forster © Stephen Booth

Robert Forster (geb. 1957 in Brisbane) ist der „Golden Boy“ des internationalen Indie-Pops. Zusammen mit Grant McLennan (1958 geb. in Rockhampton, gestorben 2006) und Belinda „Lindy“ Morrison (geb. 1951 in Queensland) bildete er den kreativen Kern der 1977 gegründeten Band The Go-Betweens. McLennan beschrieb die drei Bandmitglieder in dem Song „Riddle In The Rain“ als „A reluctant bitter feminist / A boy with thin wrists / A tall man with a gift“. Zeitgleich mit den „Wunderknaben“ von Aztec Camera, Orange Juice, Scritti Politti, XTC und The Smiths begaben sich The Go-Betweens in den achtziger und neunziger Jahren auf die Suche nach dem Heiligen Gral der Musik-Welt: dem perfekten Pop-Song. Der große Top-Ten-Hit blieb ihnen verwehrt, dafür entstanden viele unsterbliche Kompositionen. Zwei nahezu perfekte Alben erschienen in den achtziger Jahren: „Before Hollywood“ (1983) und „16 Lovers Lane“ (1988). Forster spielte damals die Rolle des dandyhaften Frontmanns (mal im Kleid, mal im Poncho), der den Traum, Popstar zu sein, gleichzeitig lebte und ironisierte. Der musikalische Weggefährte Nick Cave nennt ihn „den wahrhaftigsten und eigentümlichsten Dichter seiner Generation“. Der Ruhm der Band ist bis heute ungebrochen: Jede zweite Band, die auf der Pitchfork-Bewertungsskala an der Höchstmarke kratzt, beruft sich entweder auf The Go-Betweens oder klingt wie sie. Nach dem Tod von McLennan setzt Forster seine Karriere als Solokünstler fort. Zuletzt erschien 2015 sein gefeiertes Album „Songs to Play“. Seine Memoiren „Grant & I“ zählen neben Mark E. Smiths’ „Renegade“ und Morrisseys „Autobiography“ zu den bedeutendsten Büchern, die in den letzten Jahren über Musik geschrieben wurden.

Veröffentlichungen:

Grant & I: Inside and Outside the Go-Betweens, Omnibus Press 2017
Grant & Ich: Die Go-Betweens & die Geschichte einer außergewöhnlichen Freundschaft, Heyne Verlag 2017

The Go-Betweens Diskografie (Auswahl):

Send Me A Lullaby, 1981
Before Hollywood, 1983
Spring Hill Fair, 1984
Liberty Belle And The Black Diamond Express, 1986
Tallulah, 1987
16 Lovers Lane, 1988
The Friends of Rachel Worth, 2000
Bright Yellow Bright Orange, 2003
Oceans Apart, 2005
That Striped Sunlight Sound, 2006

Robert Forster Diskografie:

Danger in the Past, 1989
Calling From a Country Phone, 1993
I Had a New York Girlfriend, 1995
Warm Nights, 1996
The Evangelist, 2008
Songs to Play, 2015

Jorge Kanese

Jorge Kanese © Léonce Lupette

Der Dichter und Facharzt für Mikrobiologie Jorge Kanese (geb. 1947 in Asunción) kommt aus dem Dreiländereck, der „Triple Frontera“ zwischen Paraguay, Brasilien und Argentinien. Er amalgamiert in seinen Texten Portugiesisch, Spanisch und Guaraní und macht daraus ein wildes „Spanurgiesisch“. Sein kongenialer Übersetzer Léonce W. Lupette entwickelt daraus eine Mischsprache, die zwischen dem Deutschen und dem Türkischen changiert.
Kanese schreibt „Porno-Post.Avantgarde“, subversiv hintertreibt er alle Herrschaftsdiskurse und steht damit in der südamerikanischen Tradition des überbordenden „Neobarroco“. Seine Gedichte sind eine sprachlich entfesselte Feier und Freisetzung alles Verdrängten, ein pikaresk-performatives Suhlen im Dreck. Diese aggressive Ästhetik des Hässlichen ist ein sprachlicher Affekt gegen die Urteils- und Aussagenlogik politischer Autoritäten. Es ist eine agrammatische, stotternde Diktion, eine gegenhegemoniale Transnationalsprache, die aus Notwehr und leidvoller Diktaturerfahrung entsteht (unter der Stroessner-Diktatur wurde Kanese wegen „politischer Aktivitäten“ verboten, inhaftiert und gefoltert).

Veröffentlichungen:

Die Freuden der Hölle, luxbooks 2014

Katalin Ladik

Katalin Ladik (c) Josef G. Schreiner

Die ungarische Dichterin, Performerin und Schauspielerin Katalin Ladik (geb. 1942 in Novi Sad, Jugoslawien) ist eine wahre Multi-Künstlerin. Sie arbeitet sowohl mit gedruckten Gedichten als auch mit visueller Poesie, Hörspielen, Prosa, Collagen, Fotografie und experimenteller Musik. Ladik ist zudem immer wieder im Rahmen von Performances, Happenings und Theaterstücken aufgetreten.
In ihrer Heimat wurde sie Anfang der sechziger Jahre vor allem durch ihre feministisch-schamanistischen Lautgedichte und Nackt-Performances zu einer ebenso legendären wie kontroversen Gestalt. In ihren grafischen Partituren und vokalen Kompositionen zerlegt sie die Sprache in ihre Einzelteile, erforscht sie mit visuellen und stimmlichen Ansätzen, durch Bewegung und Gesten. Das erstaunlich reiche Frequenzspektrum ihres gesanglichen Vortrags verhalf Ladik zum Ruf einer »Yoko Ono des Balkans«.
Ladik lebt und arbeitet seit zwanzig Jahren abwechselnd in Novi Sad (Serbien), Budapest (Ungarn) und auf der Insel Hvar (Kroatien). Ihr schillerndes künstlerisches Werk wurde vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Klára Herczeg Preis 2015, dem Lennon-Ono-Friedenspreis 2016 und dem Artisjus Literaturpreis 2017. Sie ist regelmäßiger Gast internationaler Festivals und nahm 2017 an der documenta 14 teil.

Veröffentlichungen auf Ungarisch (Auswahl):

A víz emlékezete (Das Gedächtnis des Wassers), Gedichte Budapest: Kalligram 2016
Ladik Katalin legszebb versei (Die schönsten Gedichte von Katalin Ladik), Gedichte Bratislava: AB-ART 2012
Fűketrec (Graskäfig), Gedichte, Budapest: Orpheusz 2004
A négydimenziós ablak (Das vierdimensionale Fenster), Gedichte, Budapest: Fekete Sas 1998
Jegyesség (Verlobung), Gedichte, Budapest: Fekete Sas/Orpheusz 1994
Kiűzetés (Vertreibung), Gedichte, Budapest: Magvető 1988
Ikarosz a metrón (Ikarus in der U-Bahn), Gedichte, Novi Sad: Forum 1981
Mesék a hétfejű varrógépről (Geschichten von der siebenköpfigen Nähmaschine), Gedichte, Novi Sad: Forum 1978
Ballada az ezüstbicikliről (Ballade vom silbernen Fahrrad), Gedichte, Novi Sad: Forum 1969


Ketty Nivyabandi

Ketty Nivyabandi © Chris Schwagga

Ketty Nivyabandi (geb. 1978 in Uccle, Belgien) musste 2015 aus Burundi fliehen, wo sie seit den späten 80er Jahren lebte. Zu unbequem war die Dichterin und Aktivistin, zu stark die von ihr organisierten Proteste für die Rechte von Frauen.
Aber auch als Geflüchtete engagiert sich Nivyabandi weiter für die Menschenrechte in ihrem Land. Sie ist eine der Gründerinnen des ‘Women Movement for Peace and Security’ in Burundi und war 2012 Repräsentantin Burundis beim Londoner „Poetry Parnassus“, als Teil der dortigen Sommer-Olympiade.
Das Werk von Ketty Nivyabandi stellt einen der raren Fälle dar, in denen politisches Engagement auf poetische Vielschichtigkeit trifft. Nivyabandi schreibt auf Französisch und Englisch: Gedichte, die formbewußt und bildstark die poetischen Traditionen ihrer Heimat aktualisieren, die, die Geschichte ihres Landes an der eigenen Biografie spiegeln. Mit der Kraft ihrer Worte verwandelt Nivyabandi all das in eine originäre Form von lyrischem Widerstand. Ihre Gedichte sind Gesänge einer „geschredderten Nation“ aus „Zerbrochen-aber-ganzen-Menschen“, die trotz Krieg, Hunger und Verfolgung nicht aufhören, auf dem Wort „Freiheit“ herumzukauen.

Veröffentlichungen (bisher nur) in Anthologien:
Même le ciel ne pleure plus, Slatkine, Genève, 2011
Emergences: Renaitre ensemble, Sembura, Uganda, 2011
In-dépendance, Soma Editions, Burundi, 2012
World Record, Bloodaxe, United
Kingdom, 2012
Kwani 08 Kwani, Nairobi, 2015
Quand on n'a que l'amour, Editions Bruno Doucey, Paris, 2015
Chants du Métissage, Editions Bruno Doucey, Paris, 2015
120 nuances d’Afrique, Editions Bruno Doucey, Paris, 2016

 

Kerstin Preiwuß

Kerstin Preiwuß © Jorinde Gersina

Die Dichterin und Prosaautorin Kerstin Preiwuß (geb. 1980 in Lübz) wuchs in Plau am See und Rostock auf. Sie machte auf sich aufmerksam mit dem Band „Rede“ (Suhrkamp Verlag 2012), einem Langpoem in 13 Teilen. Es geht darin um die Gefährdungen und Verwandlungen des Ich und um das Wagnis, sich mit Hilfe eines dichterischen Sprechens gleichzeitig seines Selbst zu vergewissern und sich aus dessen Grenzen zu lösen. Das Besondere an dem Text ist der sanglich-hohe Ton, in den fortwährend das Umgangssprachliche diffundiert. Die Dichterin Nadja Küchenmeister schätzt an Preiwuß’ Texten die Innigkeit der Ansprache, die hohe Musikalität der Zeilen und „das Bestreben, auch im Detail auf das ganze, oftmals als brüchig empfundene, Dasein zu verweisen“. Preiwuß’ Folgeband „Gespür für Licht“ (Berlin Verlag 2016) enthält schmerzlich-schöne Texte, reich an Assonanzen und eigenwilligen Reimen, über das „Nicht-erscheinen des Schönen“ und darüber, was man sicher verliert, weil man es liebt. Die Dichterin schreibt über die anschmiegsame Dunkelheit, sonore Samtgeräusche, das bescheidene Licht des Herbstes und die „schnelle Schwärze des Dezembers“, aber auch über die Helligkeit der Welt, die gegen das Glas „glockt“. Die Sprache von Kerstin Preiwuß ist kräftig und weltzugewandt, sie selbst bezeichnet sie als Tier in ihrem Mund, aus dem „das meuternde wort“ hervorbricht.

Veröffentlichungen:
Nachricht von neuen Sternen. Gedichte, Connewitzer Verlagsbuchhandlung 2006
Rede. Gedichte, Suhrkamp Verlag 2012
Restwärme. Roman, Berlin Verlag 2014
Gespür für Licht. Gedichte, Berlin Verlag 2016
Nach Onkalo. Roman, Berlin Verlag 2017

Yoko Tawada

Yoko Tawada © Florian Thoss

Yoko Tawada (geb. 1960 in Tokyo) studierte Literaturwissenschaft in Japan und Deutschland, promovierte in der Schweiz über „Spielzeug und Sprachmagie in der europäischen Literatur“ und lebt nach langem Aufenthalt in Hamburg seit 2006 in Berlin.
Tawada arbeitet tief im Wimmelbild der Worte, schreibt Essays, Prosa, Theaterstücke, Hörspiele und Lyrik auf Deutsch und Japanisch und ist bekannt für ihre performativen Lesungen und Wortakrobatiken. Seit 1987 hat sie über 1.000 Lesungen in verschiedenen Ländern absolviert, nicht selten zusammen mit Musiker*innen, etwa mit der Jazzpianistin Aki Takase.
Aus allem schlägt Tawada in ihrem Schreiben Funken; sie nimmt die Welt beim Wort und schaut sie an, als würde sie zum ersten Mal angeschaut. „Jede Sprache bildet einen Zwischenraum“, sagt Tawada. „Und der Raum zwischen zwei Sprachen ist kein Zwischenraum, sondern der eigentliche Raum, in dem die Literatur geschrieben wird.“
Yoko Tawada wurde in beiden Ländern vielfach geehrt, u.a. mit dem Akutagawa-Literaturpreis, der Goethe-Medaille, dem Erlanger Literaturpreis für Poesie als Übersetzung sowie dem Kleist-Preis. Sie erhielt zahlreiche Stipendien. Sie ist Mitglied der deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Veröffentlichungen (Auswahl):

auf Deutsch:

Nur da wo du bist da ist nichts. Gedichte und Prosa, Konkursbuch 1987
Tintenfisch auf Reisen, Konkursbuch 1994
Opium für Ovid. Ein Kopfkissenbuch für 22 Frauen. Prosa, Konkursbuch 2000
Überseezungen. Prosa, Konkursbuch 2002
Sprachpolizei und Spielpolyglotte, Konkursbuch 2007
Abenteuer der deutschen Grammatik. Gedichte, Tübingen 2010
Fremde Wasser. Hamburger Gastprofessur für Interkulturelle Poetik, Konkursbuch 2012
Mein kleiner Zeh war ein Wort. 12 Theaterstücke, Konkursbuch 2013
Etüden im Schnee. Roman, Konkursbuch 2014
akzentfrei. Gedichte, Konkursbuch 2016
Ein Balkonplatz für flüchtige Abende, Konkursbuch 2016
diagonal. CD mit Aki Takase, 2002

auf Japanisch:
Sannin kankei (三人関係). Erzählungen, 1991
Inu mukoiri (犬婿入り). Erzählungen), 1993
Alphabet no kizuguchi (アルファベットの傷口, Arufabetto no kizuguchi). Roman, 1993
Gotthard tetsudō (ゴットハルト鉄道, Gottoharuto tetsudō). Erzählungen, 1996
Seijo densetsu (聖女伝説). Roman, 1998
Kitsune tsuki (きつね月). Prosagedichte, 1998
Hikon (飛魂,). Roman, 1998
Futakuchi otoko (ふたくちおとこ). Erzählungen, 1998
Hinagiku no o-cha no baai (ヒナギクのお茶の場合). Erzählungen, 2000
Kasa no shitai to watashi no tsuma (傘の死体とわたしの妻). Gedichte, 2006
Tokeru machi sukeru michi (溶ける町 透ける路). Reiseessays, 2007

Søren Ulrik Thomsen

Søren Ulrik Thomsen © Robin Skjoldborg

Søren Ulrik Thomsen (geb. 1956 in Kalundborg), einer der populärsten Dichter Dänemarks, verbrachte seine Kindheit auf der Halbinsel Stevns südlich von Kopenhagen. 1972 zog er in die dänische Hauptstadt. Er debütiert 1981 mit „City Slang“. Seither folgten sieben Gedichtbände und mehrere Essaysammlungen, dazu ein Best-Of-Band: „Samlede Thomsen“ (2014).
Thomsen ist ein Meister der kleinen Gesten. Mit scheinbar müheloser Beiläufigkeit lässt er Alltagsgegenstände gegen Theorien stoßen – in einer Diktion, die Lakonie mit Pathos und Humor verschmilzt. Liebe, Sterben, Trauer und Glück: Die großen Fragen leuchten in Thomsens Gedichten wie Raumschiffe auf einem staubigen Bürotisch.
Zu „Rystet spejl“ (Zitterspiegel; 2011) kam 2013 ein Album heraus, das er mit den sechs jungen Musikern von „Det Glemte Kvarter“ eingespielt hat. Ihre gemeinsame Palette reicht von fast durchsichtigen Soundlandschaften bis zu voll ausgefahrenem Lyrik-Funk. Eine breit aufgestellte Wort-Musik-Synthese zwischen Jazz, Pop und Avantgarde.
Darüber hinaus trat Thomsen auch als Übersetzer hervor und übertrug zusammen mit Jørgen Mejer Sophokles’ „König Oedipus“ (1990) und Euripides’ „Die Phönikerinnen“ (1998) ins Dänische. Seit 1995 ist Søren Ulrik Thomsen, der mit zahlreichen nationalen Literaturpreisen und Stipendien ausgezeichnet wurde, Mitglied der Dänischen Akademie.

Veröffentlichungen (Auswahl):

auf Dänisch:
City Slang.1981
Ukendt under den samme måne. 1982
Nye digte. 1987
Hjemfalden. 1991
Det skabtes vaklen. 1996
Det værste og det bedste. 2002 (illustiert von Ib Spang-Olsen)
Rystet Spejl. 2011
Samlede Thomsen, 2014

auf Deutsch:

Hjemfalden / Anheimgefallen. Gedichte dänisch / deutsch. Deutsch von Ursula Schmalbruch.
Kleinheinrich Verlag 1993
Rystet spejl / Zitterspiegel. Gedichte dänisch / deutsch. Aus dem Dänischen von Klaus-Jürgen Liedtke, Kleinheinrich Verlag 2016

Musik (Auswahl):
POWER. Det Glemte Kvarter. Oplæsning Thomsen, Sony Music 2016

Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki

Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki © Marta Sputowska

Dichter Eugeniusz Tkaczyszyn-Dycki (geb. 1962 in Wólka Krowicka bei Lubaczów) ist im Karpatenvorland aufgewachsen, in einem kleinen Dorf im Landkreis Przemyskie an der Grenze zur Ukraine. In der polnischen Gegenwartslyrik ist Tkaczyszyn-Dycki ein Außenseiter, ein Poète maudit par excellence. Sein Werk folgt keiner Schule und will keine Schule bilden. Die zwei großen Themen, zu denen Tkaczyszyn-Dyckis immer wieder zurückkehrt und die er in seinen Texten kunstvoll variiert, sind die Schizophrenie der Mutter und der Tod des Freundes. Seine Gedichte „sprechen von den Versehrungen des Körpers und der Seele – und verbinden sich dennoch zu einem ergreifenden Gesang des Lebens“ (Michael Braun). Er beschwört in ihnen eine „vor lauter verschwinden“ instabile Welt, angesiedelt in einem Grenzbereich zwischen Schlaf und Wachen, Einbildung und Wirklichkeit. Erzählt wird von der Allgegenwart des Todes, vom „großen warmen sterben“, von den Knochen, die durch die Münder der Freunde rufen und von „der krankheit die zwischen jungs wandert“. Die repetitiv-sanglichen Verse fungieren als Zuträger aus der Dunkelheit, sprachlich wildern sie an den Rändern und erzielen dadurch ihre tiefe hypnotische Wirkung.

Veröffentlichungen (Auswahl):
Geschichte polnischer Familien, Edition Korrespondenzen 2005
Tumor linguae, Edition Korrespondenzen 2015