Kolloquium: Arrièregarden. Die konkrete Poesie zur Wiedervorlage

Hannes Bajohr

Hannes Bajohr © privat

Hannes Bajohr, (geb. 1984 in Berlin) studierte Philosophie, deutsche Literatur und neuere und neueste Geschichte an der Berliner Humboldt-Universität. An der Columbia University, New York, wurde Bajohr mit einer Dissertation über Hans Blumenbergs Sprachtheorie promoviert. Bajohr schreibt Prosa, Essayistik und digitale Lyrik. Literarisch veröffentlicht er vor allem Experimente mit digitaler Lyrik und konzeptuellem Schreiben. 2015 erschien sein Roman „Durchschnitt, für den ‑ wie es die Ankündigung des Verlags beschreibt ‑ „alle Bücher aus ‚Der Kanon. Die deutsche Literatur: Romane‘, herausgegeben von Marcel Reich-Ranicki, 20 Bände, Frankfurt am Main: Insel, 2002, als Textkorpus verwendet, mit Python dessen durchschnittliche Satzlänge bestimmt, alle Sätze anderer Länge aussortiert und das Ergebnis anschließend alphabetisch geordnet“  wurden. Zusammen mit Gregor Weichbrodt betreibt er 0x0a, ein Textkollektiv für digitale konzeptuelle Literatur. Seit 2017 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, Berlin.

Veröffentlichungen (Auswahl):
Durchschnitt. Roman, Frohmann: Berlin 2015
Code und Konzept. Literatur und das Digitale, Frohmann: Berlin 2016
Halbzeug. Textverarbeitung, Suhrkamp: Berlin 2018

Derek Beaulieu

Derek Beaulieu © privat

Derek Beaulieu, (geb. 1973), ist kanadischer Dichter und gleichzeitig Herausgeber von 20 Gedichtbänden, Prosa und Kritik, einschließlich zweier Bände mit eigenen ausgewählten Arbeiten „Please, No More Poetry: the Poetry of derek beaulieu (2013) und „Konzeptuelle Arbeiten (2017). Beaulieu fokussiert in seinem künstlerischen Werk auf konzeptionelle Fiktion, insbesondere visuelle Übersetzungen/Umschreibungen. Dementsprechend setzt er sich in seinem jüngsten Band „a, A Novel (2017) mit Andy Warhols gleichnamigem Werk von 1968 auseinander.
Seine visuelle Arbeiten stellt Beaulieu in Kanada, den Vereinigten Staaten und Europa aus. Für seine Lehre und sein Engagement für Studierende hat er mehrere Auszeichnungen erhalten. Beaulieu war Poet 2014‑2016 Preisträger von Calgary, Alberta, Kanada, wo er auch lebt.

Veröffentlichungen (Auswahl):
fractal economies, Vancouver: Talonbooks 2006
Please, No More Poetry: the Poetry of derek beaulieu, Waterloo, ON: Wilfrid Laurier University Press 2013
Kern, Los Angeles, CA: Les Figues 2014
Ascender / Descender, Anchill Island: redfoxpress 2016
a, A Novel, Paris: Jean Boite Editions 2017
Konzeptuelle Arbeiten, Bern:  edition taberna kritika 2017

Andreas Bülhoff

Andreas Bülhoff © Leon Kirchlechner

Andreas Bülhoff, Autor und Literaturwissenschaftler, lebt in Köln. Zuletzt erschienen die Künstlerbücher „Pandoras Puzzle Box“ (EXC 2017) und „die außenwelt der innenwelt der außenwelt“ (parasitenpresse 2016). Seit 2018 veröffentlicht er wöchentlich ein Magazin auf http://sync.abue.io. Bis 2017 war er Redakteur bei Der Greif, einem Magazin für Literatur und Photographie. Seit 2015 ist er Redakteur bei der Literaturzeitschrift randnummer. Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien, zuletzt in „Code und Konzept. Literatur und das Digitale(Frohmann 2016), „all dies hier, Majestät, ist deins. Lyrik im Anthropozän(kookbooks 2016) und „Cloudpoesie. Dichtung für die vernetzte Gesellschaft“ (mikrotext 2016). Teilnahme an Performances und Ausstellungen. Derzeit Promotion zu Interfacekonzepten experimenteller Poesie am Kolleg für Gegenwartsliteraturforschung Schreibszene Frankfurt.

Eugen Gomringer

Eugen Gomringer © gezett

Eugen Gomringer, (geb.1925 in Cachuela Esperanza, Bolivien) ist Sohn einer Bolivianerin und eines Auslandsschweizers und wuchs in der Schweiz auf. Er studierte Kunstgeschichte und Nationalökonomie und wurde einer der Mitbegründer der Konkreten Poesie. Anfangs neben Tätigkeiten in der Wirtschaft ‑ rund 30 Jahre lang textete Gomringer, inspiriert von Konkreter Poesie, die Werbung einer Warenhauskette ‑ bekleidete er Professuren in Düsseldorf, Bamberg, Zwickau und Schneeberg. 2000 gründete er das Institut für Konstruktive Kunst und Konkrete Poesie an seinem langjährigen Wohnort, dem oberfränkischen Rehau, wo er heute lebt. Seine umfangreiche Sammlung Konkreter Kunst und Poesie bildete den Grundstock des 1992 eröffneten Museums für Konkrete Kunst in Ingolstadt.
2011 wurde er für sein umfangreiches künstlerisches und schriftstellerisches Werk mit dem Alice-Salomon-Poetik-Preis ausgezeichnet. Aus diesem Anlass brachte die Hochschule sein aus dem Jahr 1951 stammendes Gedicht „ciudad (avenidas)“ an der Südfassade ihres Gebäudes an. 2017 äußerte der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) der Hochschule Kritik an der Wandgestaltung mit dem Gedichttext, da dieser Frauen herabsetze, und verlangte die umgehende Entfernung. Damit wurde eine weitgreifende Debatte ausgelöst.
Karl Riha charakterisiert Eugen Gomringer mit den Worten: „Er ist der Vater der deutschen Nachkriegsmoderne – und dies gleichermaßen durch programmatische Verlautbarungen wie extraordinäre poetische Texte, die bis heute – und über das Heute hinaus – ihre Spannkraft behalten haben. Er ist – im technischen wie im imaginativen Sinne des Begriffs – ein Erfinder, der die Sprache der Literatur nachhaltig verändert hat.“
Gomringer ist Mitglied des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland, des Deutschen Werkbundes Bayern, des Schweizer Werkbundes und der Swiss Industrial Designers.
Gomringer schreibt auf Deutsch, Schweizerdeutsch, Spanisch, Französisch und Englisch.

Veröffentlichungen (Auswahl):
konstellationen, spiral press: Bern 1953
das stundenbuch, Max Hueber Verlag: München 1965
Vom Rand nach Innen, die Konstellationen 1951-1995, Gesamtwerk Band I, Edition Splitter: Wien 1995
Theorie der Konkreten Poesie, Texte und Manifeste 1954-1997, Gesamtwerk Band II, Edition Splitter: Wien 1997
Das Stundenbuch in Kanji und Code, mit Josef Linschinger, Verlag Bibliothek der Provinz: Weitra 2005
100 Jahre Konkrete Kunst - Struktur und Wahrnehmung, Verlag Bibliothek der Provinz: Weitra 2010
admirador. Sonette, Essays, Vorträge, biografische und autobiografische Texte, Prosa und Märchen aus sechzig Jahren, Matthes & Seitz: Berlin 2012
der begegnungen sonette, encounter sonnets (Übersetzung ins Englische von Markus Marti), EDITION SIGNAThUR Dozwil: Schweiz 2013

Karl Holmqvist

Karl Holmqvist © privat

Karl Holmqvist (geb. 1964 in Västerås, Schweden) studierte Literatur und Linguistik an der Universität Stockholm. Nach vielen Jahren in New York lebt und arbeitet Holmqvist heute in Berlin. Die Sprache, im Sinne von Zeichen, Symbol, Grafik und Sound, ist das Hauptmaterial seiner künstlerischen Arbeit. Seine erfinderischen Re-Renderings von Wörtern und Phrasen nehmen verschiedene Formen an, einschließlich Künstlerbücher, Poster, raumgreifende Installationen, Wandzeichnungen, Skulpturen, Videos und Live-Performances. In seinem Schreiben zitiert er verschiedenste Quellen, die von allgemeinen Redensarten bis hin zu literarischen Referenzen reichen, von populärer Musik bis hin zu politischem Aktivismus. Die Neupositionierung seiner gesampelten Fragmente in neuen Kontexten lässt Mehrdeutigkeiten entstehen, die sich mit Wiederholung und Erinnerung beschäftigen. In der Tradition der Beat-Generation verwandelt Holmqvist gesprochene Silben, Wörter und Satzfragmente so zu zitatreichen wie dadaistischen Lecture-Performances.

Einzelausstellungen (Auswahl):
Kunsthall, Bergen 2011
Moderna Museet, Stockholm 2013
Gavin Brown’s Enterprise, New York 2015
Werk, Kunstverein Braunschweig (mit Klara Liden) 2016
Tuff Love, Power Station, Dallas, Texas 2016
Read Dear, Camden Arts Centre, London 2016
From Concrete to Liquid to Spoken Worlds to the Word, Centre d'Art Contemporaine, Genf 2017
Lavoro, Indipendenza, Rom (mit Klara Liden) 2017

Veröffentlichungen:
Facehug. Photographic Collage and Concrete Poem, Facehug: Berlin 2007
Contents. Artist's Xerox book, Living Art Museum: Reykjavik 2008
What’s My Name, Book Works, London 2009
Karl Holmqvist Readings, CD, Neu Records, Berlin 2010
Peep – Hole Sheet, Issue 8, Mailand 2011
Skyline is the By-Linezz, Motto Books: Berlin 2014
300574R540N3574R, onestar press: Paris 2016
Word Squares, Compagnia/Motto Books: Berlin 2017

Michael Lentz

Michael Lentz © gezett

Michael Lentz (geb. 1964, Düren in Nordrhein-Westfalen) studierte Germanistik, Geschichte und Philosophie und promovierte über „Mediale Aspekte der Lautpoesie/-musik nach 1945“. Er ist nicht allein als Dichter, Romancier, Literaturwissenschaftler und Herausgeber bekannt, sondern auch als Performer mit wilder Mundfertigkeit. Bevor er 2001 mit dem fulminant vorgetragenen Text „Muttersterben“ den Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb gewann und damit einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde, hatte er bereits den Prosaband „ODER“ und den Gedichtband „Neue Anagramme“ veröffentlicht. Sein erster Roman, „Liebeserklärung“, erschien 2003 und wurde von der Kritik begeistert aufgenommen. Im selben Jahr veröffentlichte er außerdem den Gedichtband „Aller Ding“. 2007 folgte der Roman „Pazifik Exil“, in dem Lentz den Exil-Erfahrungen von Autoren wie Bertolt Brecht, Franz Werfel, Lion Feuchtwanger, Arnold Schönberg und Thomas und Heinrich Mann an der amerikanischen Westküste nachspürte. 2010 erschien „Offene Unruh. 100 Liebesgedichte“. Lentz' neuer Roman "Schattenfroh. Ein Requiem" kommt 2018 im Fischer-Verlag heraus.
Michael Lentz hat neben all dem auch Hörspiele und Theaterstücke verfasst, Fußballkolumnen, Rezensionen und Essays. Er ist Professor für Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und Präsident der Freien Akademie der Künste Leipzig, seit 2014 auch Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt.
Lentz lebt in Leipzig und Berlin.

Buchveröffentlichungen (Auswahl):
Zur Kenntnisnahme. Lyrik und Prosa, 1985
Neue Anagramme. Lyrik,1998
Oder. Prosa,1998
Ende gut. Sprechakte (Buch mit CD), 2001
Muttersterben. Prosa, 2001 (auch als Hörbuch)
Liebeserklärung. Roman, 2003 (auch als Hörbuch)
Aller Ding. Lyrik, 2003
Pazifik Exil. Roman, 2007
Offene Unruh. 100 Liebesgedichte, S. Fischer Verlag 2010
Schattenfroh. Ein Requiem (Roman), S. Fischer-Verlag 2018

Musik (Auswahl):
Sprechakte X/TREME, 2005 (CD)
Boxgesang, zusammen mit Uli Winters, UA: Musica Viva 2008 (auch als DVD)
fünfleute: Immer Krisensitzung, 2011 (CD)

Georg Witte

Georg Witte © privat

Georg Witte (geb. 1952 in Arnsberg) ist Professor für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft und Slawische Literaturen an der Freien Universität Berlin.
Er studierte Germanistik und Slawistik in München, Köln und Bochum. 1984 und 1985 nahm er einen Forschungsauftrag an der Moskauer Staatsuniversität an. Er promovierte 1987 an der Universität Bochum, wo er als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. 1992 folgte die Habilitation. 1994 wurde er zum Professor für Ostslawische Literaturen an der Humboldt-Universität zu Berlin ernannt. 2004 folgte er dem Ruf auf eine Professur an der Freien Universität. Seit 2013 ist Georg Witte Geschäftsführender Direktor des Peter-Szondi-Instituts.
Seine Forschungsschwerpunkte umfassen die russische Kultur des 20. Jahrhunderts, die Schriftbildlichkeit der Literatur, osteuropäische Avantgarden, Samisdat-Dichtung (die Verbreitung von alternativer, nicht systemkonformer Dichtung auf nichtoffiziellen Kanälen) und der Moskauer Konzeptualismus. Jüngst kommen Arbeiten zur Ästhetik des Dinglichen hinzu.

Veröffentlichungen (Auswahl):
Appell – Spiel – Ritual. Textpraktiken in der russischen Literatur der sechziger bis achtziger Jahre, Wiesbaden 1989
Musen der Macht. Medien in der russischen Kultur der 1920er und 1930er Jahre, Hg., München 2003
Kinetographien, Mithg., Bielefeld 2004
Die Sichtbarkeit der Schrift, Hg., München 2006
Form und Wirkung. Phänomenologische und empirische Kunstwissenschaft in der Sowjetunion der 1920er Jahre, Hg., München 2013