Künstler 2013: Weltklang – Nacht der Poesie

Christian Bök

Bei Christian Bök (*1966 Toronto, Kanada) gehen Sprachspiele und Kurzweil eine wunderbare Verbindung ein. Mit „Chrystallography“ und „Eunoia“ hat er zwei poetische Experimente zum „Klaren Schreiben“ und „Schönen Denken“ vorgelegt – letzteres erhielt nicht nur den renommierten Griffin Poetry Prize, sondern ist auch der meistverkaufte Gedichtband Kanadas. Bök führt die Experimente der konkreten und der Lautpoesie fort und erweist deren Vätern nicht nur in eigenen Texten, sondern auch durch Aufführungen von Klassikern wie Kurt Schwitters „Ursonate“ Reverenz.

Seiner Lust am Spiel konnte er auch in der Arbeit für zwei Fernsehserien nachgehen, für die er künstliche Sprachen erfand, und in seinen konzeptionellen Kunstwerken: Seine Bücher aus Zauberwürfeln und Legosteinen waren zuletzt in der Ausstellung „Poetry Plastique“ in New York zu sehen. Bök ist außerdem Associate Professor für Englische Literatur an der University of Calgary.

Veröffentlichungen (Auswahl):

Crystallography (Kristallographie) (Coach House Press 1994/2003)
Eunoia (Coach House Books 2001)
Pataphysics: The Poetics of an Imaginary Science (Pataphysik: Poetik einer imaginären Wissenschaft) (Northwestern University Press 2001)

TJ Dema

Foto: Petra Rolinec

TJ Dema (*1981 Gaborone, Botswana) ist Spoken-Word-Dichterin, Kulturmanagerin und Vorsitzende der „Writers Association of Botswana“. Über ihre Leidenschaft zur Sprache sagt sie: „Ich habe das Wort – und besonders das gesprochene Wort – immer sehr ernst genommen. Indem wir Dinge benennen, machen wir sie real. Wenn man eine Meinung äußert oder etwas laut formuliert, beschwört man die Absicht, die dahinter steht. So einfach ist das zwar nicht – aber auch wieder doch.“ In ihrer Performance zieht sie den Hörer in ihren Bann, fesselt die Aufmerksamkeit und erzählt Geschichten über Leben und Tod, Lieben und Betrügen, das Älterwerden und kleine Anekdoten des Alltags.

2005 nahm TJ Dema am Projekt „Crossing Borders“ des British Council teil und war Gast auf zahlreichen Festivals, was sie über die Grenzen des Kontinents hinweg bekannt machte. So wurden ihre Gedichte u.a. bereits in einer chinesischen Anthologie veröffentlicht. 2012 nahm sie das Album „Dreaming Is A Gift For Me“ mit 12 botswanischen Dichtern in drei verschiedenen Sprachen Botswanas auf.

Veröffentlichungen:

The Sonic Slam Chorus (CD) (2011)
Dreaming Is A Gift For Me (CD) (2012)

 

Oswald Egger

Foto: gezett.de

Oswald Egger (*1963 Lana, Südtirol / Italien) ist einer der großen experimentellen Dichter der Gegenwart. Seine Texte bewegen sich zwischen den Disziplinen und setzen sich zusammen aus erzählerischen, musikalischen, grafischen und mathematischen Elementen. Sie sind Versuchsanordnungen, Sprachreservoire und Beschwörungen zugleich.

Die Neue Zürcher Zeitung schreibt: „Oswald Egger erschliesst sprachliches Neuland wie einst die Romantiker. Wie sie liebt er urtümliche Lautungen.“ Erst in vorgetragener Form entwickeln seine Gedichte ihren ganzen klanglichen Sog. Doch auch in seinen zahlreichen Kooperationen mit anderen Künstlern für Bücher und Ausstellungen ist der Facettenreichtum seiner Lyrik zu erleben.

Egger war Herausgeber der Zeitschrift „Der Prokurist“ sowie der „edition per procura“, er hat viele Jahre die „Kulturtage Lana“ veranstaltet und ist seit 2003 Herausgeber der Schriften- und Vortragsreihe „Das böhmische Dorf“. Außerdem ist Egger Koordinator für Literatur der Museumsinsel Hombroich und Professor für „Gestalt und Sprache“ an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel. Er erhielt u.a. den Clemens-Brentano-Preis (2000), den Peter-Huchel-Preis (2007) und den Oskar-Pastior-Preis (2010).

Veröffentlichungen (Auswahl):

Herde der Rede (Suhrkamp 1999)
Nichts, das ist (Suhrkamp 2001)
-broich. Homotopien eines Gedichts (Edition Korrespondenzen 2003)
nihilum album. Lieder & Gedichte (Suhrkamp 2007)
Lustrationen. Vom poetischen Tun (Suhrkamp 2008)
Diskrete Stetigkeit. Poesie und Mathematik (Suhrkamp 2008)
Die ganze Zeit (Suhrkamp 2010)

Luis García Montero

Foto: Daniel Morzinski

Luis García Montero (*1958 Granada, Spanien) ist Lyriker, Romancier, Essayist, Kritiker und  einer der bekanntesten Autoren Spaniens. Für sein Werk „La intimidad de la serpiente“ wurde er 2003 mit dem Nationalen Kritikerpreis für Dichtung ausgezeichnet, zudem wurden weitere Titel u.a. mit dem Spanischen Nationalpreis und dem Nationalen Literaturpreis. Seit Beginn der 80er Jahre sind zwei Romane, über zwei Dutzend Gedichtbände und zahlreiche Essays und literaturwissenschaftliche Texte von ihm erschienen.

Monteros Gedichte sind oft narrativ angelegt, überwiegend reimlos und in freien Rhythmen verfasst. Sie umkreisen historisch-biografische Themen, wobei es ihm vor allem ums Spiegeln kollektiver Erfahrungen im individuellen Schicksal geht. In einer klangvollen, nur vermeintlich schlichten Sprache erzählt Montero poetische Anekdoten und Mikro-Novellen. Auch sein langjähriges politisches Engagement in der spanischen Linken findet in seiner Lyrik Niederschlag. 

Montero ist Professor für Literatur an der Universität von Granada und lebt mit seiner Familie in Madrid.

Veröffentlichungen (Auswahl):

El jardín extranjero (Rialp 1983)
Habitaciones separadas (Visor 1994)
Completamente viernes (Tusquets 1998)
La intimidad de la serpiente (Tusquets 2003) 
Vista cansada (Visor 2008)
Mañana no será lo que Dios quiera (Roman. Alfaguara 2009)
No me cuentes tu vida (Roman. Planeta 2012)

Auszeichnungen (Auswahl):

Premio Adonáis de Poesia (1982), Premio Loewe (1994), Premio Nacional de Literatura, Nacional de la crítica (2003), Gremio de Libreros de Madrid und in Lateinamerika den Premio Poetas del Mundo Latino (2010).

Ursula Krechel

Foto: gezett.de

Ursula Krechel (*1947 Trier, Deutschland) schreibt, so Hans-Herbert Räkel in der Süddeutschen Zeitung, „eigenwillige, intelligente, manchmal auch humorvolle oder sarkastische Gedichte, die ihren Lesern wie Personen begegnen: körperlich gegenwärtig, einladend, zurückhaltend oder abweisend, offen oder geheimnisvoll, aber nie einfach als dekodierbare Botschaft“. Ihre Gedichte, so politisch wie persönlich, so belesen wie sinnlich genau, arbeiten sich durch Mythen, evozieren Epiphanien, erschreiben Augenblicke, wie sie sich nur im Gedicht ereignen. Noch während der Promotion arbeitete Krechel als Dramaturgin an den Städtischen Bühnen Dortmund und leitete Theaterprojekte mit jugendlichen Untersuchungshäftlingen. 1974 debütierte sie mit dem Stück „Erika“, das vom Emanzipationsversuch einer Sekretärin handelt und in sechs Sprachen übersetzt wurde. Erste Lyrikveröffentlichungen erschienen 1977, danach in regelmäßiger Folge Gedichtbände, Prosa, Hörspiele und Essays. Neben zahlreichen anderen Auszeichnungen erhielt Krechel für ihren Roman „Landgericht“ 2012 den Deutschen Buchpreis.

Veröffentlichungen (Auswahl):

Nach Mainz! (Luchterhand 1977)
Verwundbar wie in den besten Zeiten (Luchterhand 1979)
Landläufiges Wunder (Suhrkamp 1995)
Verbeugungen vor der Luft (Residenz 1999)
Stimmen aus dem harten Kern (Jung und Jung 2005)
Mittelwärts (Zu Klampen 2006)
Jäh erhellte Dunkelheit (Jung und Jung 2010)
Landgericht (Roman. Jung und Jung 2012)

Iman Mersal

Iman Mersal (*1966 Mit ‘Adlan, Ägypten) promovierte an der Universität Kairo und gab mehrere Jahre lang die unabhängige feministische Kultur- und Literatur-Zeitschrift „Bint al-Ard“ (Töchter der Erde) heraus. 1998 immigrierte sie in die USA, heute lebt sie in Kanada. Ihre Gedichte erinnern an die Traditionen des magischen Realismus – das Zweideutige und das Unheimliche zeigen sich bei ihr in klarsten Bildern. Kindheitserinnerungen kippen ins Surreale, der Spagat zwischen den Kulturen schreibt sich in den Körper ein. Die Geschichte der Frauen scheint – mal subtil, mal drastisch – in fast allen Texten auf. Mersal veröffentlichte bislang vier Gedichtbände, die in zahlreiche Sprachen übersetzt wurden. 2005 entstand der Film „Stranger in her Own Skin“, der sich mit der Erfahrung von Migration im Spiegel ihrer Lyrik befasst.

Imam Mersal unterrichtet Arabische Sprache und Literatur an der University of Alberta, Kanada. Als Postdoc-Stipendiatin des Forschungsprogramms ‚Europa im Nahen Osten – Der Nahe Osten in Europa‘ (EUME) am Forum Transregionale Studien lebt sie zur Zeit in Berlin.

Veröffentlichungen (Auswahl):

Ittisafat (Charakterisierungen) (Dar al-Ghad 1990)
Mamarr mu'tim yasluh lita'allum al-raqs (Ein dunkler Gang genügt, um tanzen zu lernen) (Dar Sharqiyat 1995)
Al-Mashy Atwal Waqt Mumkin (Gehen - so lang wie möglich) (Dar Sharqiyat 1997)
Jughrafiya Badila (Alternative Geografie) (Dar Sharqiyat 2006)
Hatta atakhalla `an fikrat al-buyut (Bis ich die Idee von Heimat aufgebe) (Dar Sharqiyat / Dar al-Tanwir 2013)

Don Paterson

Don Paterson Foto: McLeod

Don Paterson (*1963 Dundee, Schottland) gilt als eines der größten dichterischen Talente seiner Generation. Meister klassischer Formen, Dichter alltäglicher Dinge: Patersons Lyrik steht in der Tradition schottischer Dichtung, ohne traditionalistisch zu sein. Ob es um den Tod eines Haustiers geht, um herumliegende Morphiumschachteln oder um das Fällen eines alten Baums – es geht immer zugleich um mehr in Patersons Lyrik. Man möchte sagen: um alles. Der „Independent“ schrieb über ihn, er sei „einer der wenigen Gegenwartslyriker, dessen Werk postmoderne Verspieltheit mit einem Gespür für die Sehnsucht nach Transzendenz verbindet“.

Die Beschäftigung mit Literatur lief dabei immer parallel zur Beschäftigung mit Musik: 1984 zog Paterson nach London, um als Jazzmusiker zu arbeiten, und begann zur gleichen Zeit, Gedichte zu verfassen. In den 90er Jahren pendelte er zwischen England und Schottland und zwischen den Künsten: Er spielte Musik und komponierte, schrieb Kolumnen zur Malerei und rezensierte Videospiele für die „Times“. Auch heute arbeitet er genre-übergreifend, neben Gedichten verfasst er Aphorismen, Theaterstücke und Hörspiele, komponiert weiterhin Musik, ist Herausgeber des Lyrikprogramms beim renommierten Verlagshaus Picador und Professor für Dichtung an der University of St Andrews. Seit 1993 sind sechs Gedichtbände von ihm erschienen, für die er zahlreiche Preise erhielt. So ist Paterson ist u.a. der erste Dichter, der zweimal den T.S. Eliot Award verliehen bekam. 2008 wurde er zum “Officer of the Order of the British Empire” ernannt.

Veröffentlichungen (Auswahl)

Nil Nil, Faber 1993
God's Gift to Women, Faber 1997
White Lie. Selected Poems, Graywolf 2001
Landing Light, Faber 2003
Orpheus – after Rilke's „Die Sonette an Orpheus“, Faber 2006
Rain, Faber 2009

Veröffentlichungen in deutscher Übersetzung

Kerzenvogel, Luchterhand 2006
Weiß wie der Mond, Luchterhand 2007

The Maw Naing

Der studierte Informatiker The Maw Naing (*1971 Myin Gyan, Myanmar) ist Dichter, Performance-Künstler, Maler und Filmemacher. Sein erster Lyrikband aus dem Jahr 1988 kommentiert zugleich pointiert und in surrealen Bildern die politischen Umbrüche in Myanmar.

The Maw Naings Gedichte  befragen nicht nur die gesellschaftliche Gegenwart, sondern auch die Rolle des Subjekts in ihr – der Autor selbst wird in ihnen zum Experimentierfeld für Umdeutungen und Neuschreibungen. Nicht selten sind seine Gedichte integraler Teil seiner Installationen, Performances und Filme, für die er bereits mehrfach ausgezeichnet wurde.

Seine Kurzdokumentation „Again and Again“ wurde u.a. 2007 zum American Anthropological Association Film Festival eingeladen. The Maw Naings Werke wurde in Asien und den USA ausgestellt, 2009 erhielt er ein Stipendium von der tschechischen Filmhochschule FAMU in Prag.

Veröffentlichungen (Auswahl):

Immerse the oar gently circle its blade over the circle (Myanmar, 2006)

Filme (Auswahl):

Again and Again (Regie, 2005)

 … are not as (Regie, 2006)

Beyond the Tsunami (Musik, 2007)

Yangon Wheel (Co-Regie, 2008)