5.3.2020

poesiefestival berlin 2020: Anne Carson, poetischer Aktivismus, kanadisch-deutscher Versschmuggel

Das 21. poesiefestival berlin lädt vom 5. bis zum 11. Juni 2020 unter dem Motto Planet P in die Akademie der Künste am Hanseatenweg ein, unsere Sprachen und unsere Welt genauer unter die Lupe zu nehmen.

Die Schwerpunkte des diesjährigen Festivals im Überblick:

Kanada

Das Festival steht dieses Jahr im Zeichen des Länderschwerpunktes Kanada. So wird die Berliner Rede 2020 von der gefeierten kanadischen Dichterin Anne Carson gehalten. In 13 Kurzvorträgen unternimmt Carson darin poetologische und philosophische Streifzüge, die in die Antike und die eigene Kindheit führen. Sie führt vor, wie aus Fehlern Poesie entsteht und Metaphern uns lehren können, Genuss aus dem Irrtum zu ziehen. Die Rede erscheint in gedruckter Form im Wallstein Verlag.

Zu einem anspruchsvollen dreisprachigen VERSschmuggel sind 18 deutsch-, englisch- und französischsprachige AutorInnen sowie DichterInnen der first nations eingeladen. Im Vorfeld des Festivals übersetzen sie sich paarweise in Übersetzungsworkshops, eine lange VERSschmuggel-Nacht präsentiert die Ergebnisse als Highlight auf dem Festival.

Die diesjährige Festivalausstellung Chorus bringt kanadische und deutsche KlangkünstlerInnen, DichterInnen und VideokünstlerInnen in einer dreisprachigen multimedialen Installation zusammen, an der auch die BesucherInnen sensorgesteuert durch ihre Bewegung mitwirken. Die Ausstellung öffnet bereits eine Woche vor Festivalbeginn (30. Mai). Poésie Go! unterhält die FestivalbesucherInnen an Hörstationen zusätzlich mit Poesie-Podcasts aus Kanada und Deutschland.

Lyrik, Politik und Migration

Ein Forum mit Aleida Assmann widmet sich dem Gedächtnis von Social Media und Internet, ein Abend u.a. mit Kathrin Passig beleuchtet digitale Poesie und ihre Distribution. In einer weiteren Veranstaltung geben Dichtkunst-AktivistInnen einen Einblick in ihre Arbeitsweisen und die Orte, an denen ihre Poesie entsteht: Gefängnisse, Friedhöfe oder Krankenwagen wie beim irakischen Dichter Kadhem Khanyar oder öffentliche Plätze bei der Belgierin Maud Vanhauwaert.

Migrantische Perspektiven werden an einem Abend zur Poesie der afrikanischen Diaspora in Europa und in einer Kooperationsveranstaltung mit vier AutorInnen der gleichzeitig stattfindenden Konferenz des International Cities of Refuge Network (ICORN) beleuchtet.

Klassiker beim poesiefestival

Ein paar Tage vor Festivalstart (3. Juni) präsentiert Poets‘ Corner an einem Abend in zeitgleich stattfindenden Lesungen und Performances die DichterInnen sieben verschiedener Berliner Bezirke jeweils in ihrem Kiez.

Eröffnet wird das poesiefestival berlin mit Weltklang, der langen Nacht der Poesie. Es lesen und performen neun DichterInnen aus der ganzen Welt in ihren Sprachen, dieses Mal u.a. Mircea Cărtărescu (Rumänien), den man bisher hierzulande nicht als Dichter kennt, Koleka Putuma (Südafrika), die mit Collective Amnesia in ihrer Heimat einen Bestseller vorgelegt hat, und Ariana Reines (USA), die kürzlich den hochdotierten Kingsley Tufts Poetry Award gewonnen hat. Das Publikum verfolgt das Sprachkonzert mit Taschenlampe und Reader.

Am Sonntag des Eröffnungswochenendes laden der Lyrikmarkt mit Marktständen von 40 Lyrikverlagen und -magazinen sowie die Lesungen im Buchengarten zum Verweilen ein.

Ein umfangreiches Rahmenprogramm für alle von 0–99 hat die Poetische Bildung zu bieten: mehrsprachige Programme, Workshops mit DichterInnen, ein Übersetzungsworkshop zu Anne Carson, queeres Dichten sowie Limonadenbaumlisten und 75 Jahre Pippi Langstrumpf!

FR 5.6.– DO 11.6.2020
21. poesiefestival berlin
Akademie der Künste
Hanseatenweg 10
10557 Berlin

Auftaktveranstaltungen
SA 30.5. Chorus
Ausstellungseröffnung (Ausstellung läuft bis zum 11.6.)
MI 3.6. Poets Corner
Lesungen in den Berliner Bezirken