29.5.2019

Oskar Pastiors „Zeichengebilde“ auf dem 20. poesiefestival berlin

Eine Universalhand, fast noch nützlicher als ein Schweizer Taschenmesser, oder Buchstaben auf der Wäscheleine, sauber und ein wenig zerknittert – die Zeichnungen von Oskar Pastior sind witzige Gebilde – vom Text ausgehend oder in Text übergehend. Die diesjährige Festivalausstellung Aubergine mit Scheibenwischer – Die Zeichnungen von Oskar Pastior im Rahmen des 20. poesiefestival berlin (14. – 20.  Juni) präsentiert erstmals das grafische Werk des Dichters im Überblick. Sie wird bereits vor Festivalbeginn, am 8. Juli, mit Herta Müller und Heidede Becker eröffnet. Danach läuft die Ausstellung täglich 11 – 19 Uhr bis zum Festivalende.

Pastiors umfangreiches grafisches Werk wirkt beim Betrachten wie eine Entdeckungsreise mit unbestimmtem Ziel. Seine Zeichnungen verführen zum Tagträumen in imaginierten Eigenwelten. Sinn kommt und geht durch die Hintertür, Bedeutung bleibt im Schwebezustand.

Mit außergewöhnlichen poetischen Konstruktionen und hintergründigen Wort- und Sprachschöpfungen hat sich Oskar Pastior in die Köpfe der FreundInnen experimenteller Poesie gedichtet. Hinter der Wertschätzung für den Dichter Oskar Pastior ist der Zeichner nahezu unbekannt geblieben. Die Ausstellung rückt nun die „Zeichengebilde“ von Oskar Pastior ins Blickfeld und zeigt, wie sie mit seinen „Wortgebilden“ verbunden sind. Die meisten Blätter werden im Deutschen Literaturarchiv Marbach aufbewahrt.

Heidede Becker und Herta Müller haben einen besonderen Bezug zu Pastior. Herta Müller hat das Deportationsschicksal Pastiors in der Sowjetunion – er wurde 1945 als 17-Jähriger zu vier Jahren Zwangsarbeit im Donbass verschleppt – in ihrem Roman „Atemschaukel“ verarbeitet. Der Titel der Ausstellung stammt vom gleichnamigen Buch Heidede Beckers, die mit Oskar Pastior von 1973 bis 1985 in der Clausewitzstraße 2 in Berlin in einer fünfköpfigen Wohngemeinschaft lebte.

Oskar Pastior (1927 2006) wurde im rumänischen Hermannstadt/Sibiu als Angehöriger der deutschen Minderheit geboren. Sein erster Gedichtband erschien 1964 in Bukarest. 1968 floh er in den Westen und lebte von 1969 an als freier Schriftsteller in Berlin.


Die Ausstellung Aubergine mit Scheibenwischer – Die Zeichnungen von Oskar Pastior wird freundlich unterstützt durch die Oskar Pastior Stiftung, das Deutsches Literaturarchiv Marbach und die Botschaft von Rumänien in der Bundesrepublik Deutschland.

Das 20. poesiefestival berlin ist ein Projekt des Hauses für Poesie in Kooperation mit der Akademie der Künste. Gefördert aus Mitteln des Hauptstadtkulturfonds und des Auswärtigen Amts, mit freundlicher Unterstützung durch Maritim proArte Hotel Berlin. Präsentiert von taz, BÜCHERmagazin, tip Berlin, ASK HELMUT und Deutschlandfunk Kultur.

Oskar Pastiors „Zeichengebilde“ auf dem 20. poesiefestival berlin Universalhand (c) Oskar Pastior Stiftung Berlin, Literaturarchiv Marbach
Universalhand (c) Oskar Pastior Stiftung Berlin, Literaturarchiv Marbach